Kirchen fordern mehr Hilfe für Syrienflüchtlinge

Solidarität zeigen

Mit Blick auf den nahenden Winter wirbt Oliver Müller (Caritas International) für mehr Spenden für syrische Flüchtlinge. Er begleitet Bischof Trelle und den EKD-Ratsvorsitzenden Schneider nach Jordanien.

Syrische Flüchtlinge in Jordanien (dpa)
Syrische Flüchtlinge in Jordanien / ( dpa )

domradio.de: Welche Rolle spielt Jordanien für syrische Flüchtlinge?

Oliver Müller (Caritas International): Jordanien ist eines der Hauptaufnahmeländer für die Flüchtlinge, die sich jetzt in Lebensgefahr aus Syrien dort in Rettung bringen. Mehr als eine halbe Million ist inzwischen dort, lebt in Zeltunterkünften, ist in verlassenen Häusern untergekommen oder hat die letzten Ersparnisse zusammengekratzt, um sich ein Zimmer oder eine kleine Wohnung anzumieten. All diese Flüchtlinge sind im Großen und Ganzen auf Hilfe von außen angewiesen und das ist eine große Leistung, auch der jordanischen Gesellschaft so viele Flüchtlinge aufzunehmen. Jordanien ist ein kleines Land und fast jeder Bürger dieses Landes spürt auch die Belastung durch die Flüchtlinge, Preise werden teurer, Wohnraum wird knapper und auch dieser Solidarität mit diesem Land gilt der Besuch der kirchlichen Delegation.

domradio.de: Kann man das abschätzen, ob dieser Flüchtlingsstrom anhalten wird?

Müller: Momentan hält der Flüchtlingsstrom an und es gibt leider keine Indizien, dass die Verhältnisse in Syrien besser werden. Im Gegenteil die Kriegssituation wird immer unübersichtlicher. Die Caritas Jordanien berichtet, dass weiterhin täglich Flüchtlinge über die Grenze strömen, Unterkunft suchen, versorgt werden müssen und auch wenn wir jetzt die Gefahr des Einsatzes chemischer Waffen wahrscheinlich gebannt sehen können, gibt es überhaupt keine Entwarnungen, was den eigentlichen Konflikt in Syrien betrifft.

domradio.de: Die Caritas hilft schon jetzt in Jordanien. Was gibt es für Projekte?

Müller: Unsere Hilfe gilt den Flüchtlingen, die oft nur mit dem, was sie am Leib tragen, in das Land kommen. Sie brauchen zunächst einmal Unterkunft, sie brauchen Matratzen, sie brauchen einen Kocher, Geschirr, aber natürlich auch andere Dinge, die man zum Leben braucht. Viele sind erkrankt, wir beschäftigen Ärzte, die die Flüchtlinge versorgen. Kinder sind eine wichtige Zielgruppe, sie sind oft besonders traumatisiert durch das Erlebte, durch den Schrecken des Krieges und die Flucht. Wir versuchen für sie, Schulangebote möglich zu machen oder auch den Zugang zu Kindertagesstätten, also eine gewisse Normalität. Das heißt die Menschen zum einen mit dem zu versorgen, was sie zum Überleben brauchen, ihnen zum anderen aber auch seelsorgerlich beizustehen, dass sie sich einigermaßen wohlfühlen. Viele leiden doch auch sehr unter der Situation, dass sie überhaupt nicht wissen, wann und unter welchen Umständen sie in ihr Land zurückkönnen. Zudem sind auch viele Mütter allein mit ihren Kindern über die Grenze gekommen, oft ist das Schicksal der Männer, der Väter ungewiss. Auch das setzt die Familien natürlich unter einen sehr sehr großen Druck.

domradio.de: Jetzt machen sich Bischof Trelle und sein evangelischer Kollege Bischof Schneider auf den Weg nach Jordanien, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Was erhoffen Sie sich von dem Besuch?

Müller: Ich bin schon sehr froh, dass es zu dieser Reise der hohen Vertreter der beiden Kirchen in Deutschland kommt, weil wir ja einerseits jeden Tag in den Nachrichten die Meldungen über Syrien sehen und doch vielleicht relativ wenig über die wirkliche Situation der Kriegsopfer, der Flüchtlinge wissen. Außerdem dürfte es noch mehr Unterstützung für die Flüchtlinge geben. Die Hilfswerke, die in Jordanien und auch im Libanon, wo ja auch sehr viele Flüchtlinge sind, tätig werden, rufen zu Spenden auf. Und dieser Besuch in Jordanien soll ja die Solidarität mit den Menschen dort zum Ausdruck bringen, aber auch mit der Caritas und mit der Diakonie dort in diesen Ländern, die eine phantastische Arbeit und bis zum Rande ihrer Möglichkeiten dort tagtäglich im Einsatz sind. Diese Kräfte versuchen wir zu unterstützen mit dem Geld, den Spenden, die wir zur Verfügung haben und ich hoffe, dass von dieser Reise auch ein Impuls ausgeht, diese Hilfe gerade in Hinblick auf den kommenden Winter zu verstärken.

Das Interview führte Verena Tröster


Oliver Müller (Caritas international) (dpa)
Oliver Müller (Caritas international) / ( dpa )
Quelle:
DR