Kirche will Missbrauchsfälle auch mit Politik aufarbeiten

"Wir sind offen dafür"

Die Kirche in Deutschland will ihre Missbrauchsaufarbeitung verbessern, auch mit Hilfe der Politik. Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dieser, warb für politische Beteiligung am geplanten Expertenrat.

Bischof Helmut Dieser / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Helmut Dieser / © Harald Oppitz ( KNA )

Auch eine Mitwirkung von Vertretern von Parteien oder Parlamenten sei denkbar, sagte Dieser am Mittwoch: "Wir haben da keine Ablehnung, sondern wir sind offen dafür, darüber genau nachzudenken."

Experten verschiedener Fachbereiche

Zuvor hatten die Bischöfe bei ihrer Vollversammlung in Dresden nächste Schritte für die Umsetzung einer Neustrukturierung der Missbrauchsaufarbeitung beschlossen. Der Aachener Bischof Dieser sagte: "Der Expertenrat ist kein politisches Instrument, aber er braucht eine gesellschaftlich anerkannte Legitimation. Und da könnte uns die politische Seite helfen."

Dem Rat sollen Experten unterschiedlicher Fachbereiche angehören, etwa aus Justiz, Medizin, Psychologie, Soziologie und Kriminalistik. Zwei der insgesamt bis zu zehn Mitglieder werden vom bereits bestehenden Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz entsandt.

Mit Blick auf die Auswahl der Experten sagte Dieser, es wäre der Bischofskonferenz am liebsten, wenn die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, mit ihrer Expertise dies übernehmen könnte. Sie habe zumindest schon eine Beteiligung zugesagt.

Live aus Dresden: Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

Montag, 27. Februar 2023

14.30 Uhr 

Pressestatement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, zum Auftakt der Frühjahrs-Vollversammlung in Dresden

18.30 Uhr    

Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrs-Vollversammlung in der Kathedrale Sanctissimae Trinitatis

Dienstag, 28. Februar 2023

07.30 Uhr 

Gottesdienst der Frühjahrs-Vollversammlung in der Kathedrale Sanctissimae Trinitatis

Deutsche Bischöfe vor dem Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am 2. März 2020 im Mainzer Dom / © Harald Oppitz (KNA)
Deutsche Bischöfe vor dem Eröffnungsgottesdienst der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am 2. März 2020 im Mainzer Dom / © Harald Oppitz ( KNA )

Gespräche mit demokratischen Parteien

Zum Januar 2024 soll der Expertenrat seine Arbeit aufnehmen. Hauptaufgaben sind jährliche, öffentliche Berichte zur Erfassung aller Aufarbeitungs- und Präventionsmaßnahmen in den einzelnen Bistümern sowie zum Umsetzungsstand vereinbarter Standards und Richtlinien, inklusiver "dringlicher Empfehlungen" zur Verbesserung und Weiterentwicklung.

Die Bischöfe hatten im vergangenen Herbst beschlossen, mit Hilfe unabhängiger Fachleute den sexuellen Missbrauch an Kindern besser aufzuklären und zu bekämpfen. Das soll durch die koordinierte Zusammenarbeit des bestehenden Betroffenenbeirats der Bischofskonferenz mit dem neuen Expertenrat und einer neuen bischöflichen Fachgruppe gelingen.

Dieser erklärte: "Die staatlichen Stellen sagen uns: Es ist gut, dass ihr vorangeht, wir sind noch nicht so weit, wie ihr jetzt für euren Bereich sein könnt." Die Kirche werbe auch bei der Politik dafür, dass der unabhängige Expertenrat ein Instrument sein könnte für die Gründung etwa einer Wahrheitskommission, die Missbrauch in der gesamten Gesellschaft in den Blick nimmt. Dazu seien Gespräche mit den Sprechern der im Bundestag vertretenen demokratischen Parteien geführt worden.

Bischöfliche Fachgruppe mit sieben Mitgliedern

Neben dem Expertenrat wird eine bischöfliche Fachgruppe eingerichtet. Die Bischofskonferenz wählte dafür als Mitglieder neben Dieser noch den Freiburger Erzbischof Stephan Burger sowie die Bischöfe Michael Gerber (Fulda), Franz Jung (Würzburg), Peter Kohlgraf (Mainz), Stefan Oster (Passau) und Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen).

Erzbischof Burger erklärte: "Wir Bischöfe müssen verantworten, was wir tun. Man wird uns an unserem Handeln messen." Viel sei schon in den zurückliegenden Jahren geschehen: "Und doch spüren wir: Die Gefahr von Missbrauch ist eine Realität in unserer Kirche und unserer Gesellschaft, der wir wirkungsvoll entgegentreten müssen. Der Kampf gegen Missbrauch und Gewalt gehört daher auch in die Mitte von Kirche und Gesellschaft."

Quelle:
KNA