Kirche will Missbrauch nach bestimmten Standards aufarbeiten

An die Bischofskonferenz angelehnt

Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Diakonie wollen Kindesmissbrauch, der sich in ihren Reihen ereignete, systematisch aufarbeiten. Die Deutsche Bischofskonferenz hat bereits vor drei Jahren mit der Aufarbeitung begonnen.

Autor/in:
Birgit Wilke
An der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der evangelischen Kirche gibt es Kritik / © Julian Stratenschulte (dpa)
An der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der evangelischen Kirche gibt es Kritik / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Eine entsprechende Erklärung unterzeichneten die Bevollmächtigte der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland, Anne Gidion, und der Diakonie-Präsident Ulrich Lilie zusammen mit der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, am Mittwoch in Berlin. 

In der Erklärung wird geregelt, nach welchen Kriterien und Standards eine unabhängige Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt stattfinden soll. Auch die Diakonie ist in die Erklärung mit einbezogen. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hatte eine entsprechende Erklärung bereits vor drei Jahren unterzeichnet. 

In deren Folge wurden Aufarbeitungskommissionen und Betroffenenräte in den Bistümern konstituiert. Vor zwei Jahren unterschrieb zudem die katholische Deutsche Ordensobernkonferenz eine Gemeinsame Erklärung zur verbindlichen Regelung für eine unabhängige Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Ordensgemeinschaften. 

Erste Studie für Januar angekündigt

Die Verhandlungen mit der EKD zogen sich mehrere Jahre hin. Ein Grund war der Wechsel im Amt des Missbrauchsbeauftragten von Johannes-Wilhelm Rörig zu Kerstin Claus im vergangenen Jahr. Zudem gab es Unstimmigkeiten über die Beteiligung von Betroffenen. Am 25. Januar soll dann die erste EKD-weite Missbrauchsstudie externer Wissenschaftler vorgestellt werden. Genauer Titel: "Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland".

Die Erklärung ist an die Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz angelehnt. So soll es Aufarbeitungskommissionen und Betroffenenbeteiligung geben. Anders als in der Erklärung der Bischofskonferenz ist bei dem evangelischen Schreiben auch der Sozialverband Diakonie miteinbezogen. Zudem soll es die Kommissionen nicht auf Ebene der Landeskirchen geben, sondern auf regionaler Ebene. Insgesamt soll es demnach neun solcher Verbünde geben. 

Betroffene sollen einbezogen werden.

Die Beteiligung von Betroffenen ist aufgewertet. So soll es etwa ein jährliches Forum von Betroffenen geben, auf dem diese sich austauschen und vernetzen können. Weiter soll es für die Vorsitzenden der verschiedenen Kommissionen eine Geschäftsstelle im Kirchenamt der EKD geben. Sie soll auch eine verbindliche Struktur zur Berichtslegung schaffen.

Claus sagte, die Erklärung lege den Grundstein dafür, dass zentrale Standards und Kriterien von Aufarbeitung wie Unabhängigkeit, Professionalität, Transparenz und die Partizipation von Betroffenen in allen Landeskirchen und diakonischen Landesverbänden eingeführt und verlässlich umgesetzt würden. Es sei höchste Zeit, dass Betroffene losgelöst von innerkirchlichen Verfahren nach einheitlichen Standards Aufarbeitung einfordern könnten und an Aufarbeitungsprozessen grundlegend beteiligt würden. 

Gidion erklärte, betroffene Menschen müssten intensiv und verbindlich in den Prozess eingebunden sein. Nur so könne die Aufarbeitung transparent gelingen. Lilie betonte, es werde Aufgabe in den kommenden Jahren sein, die Strukturen mit Leben zu füllen und die Aufarbeitung von Unrecht durch sexualisierte Gewalt lückenlos fortzusetzen.

Quelle:
KNA