Seit Wochen gibt es in Panama Proteste und Demonstrationen. Die Ursachen sind vielschichtig: Es geht um die Souveränität des Landes im Umgang mit der Trump-Regierung und deren Anspruch auf den Panama-Kanal. Es geht um die Wiederbelebung eines im Grunde schon verabschiedenden Bergbau-Projekts und um die Rechte von Arbeitern auf den Bananen-Plantagen.
Die Situation ist so verfahren, dass sich Präsident José Raúl Mulino bereit erklärte, die Vermittlung der katholischen Kirche zu akzeptieren. Nun schaut das Land, durch dessen Territorium einer der wichtigsten Wasserstraßen des Welthandels führt, gespannt darauf, wie Erzbischof José Domingo Ulloa vorgeht. Der Kirchenmann soll zwischen den Konfliktparteien einen Ausgleich finden.

"Kämpft für Gerechtigkeit, aber konstruktiv"
Seit Beginn seiner Mission appelliert Ulloa an die Bereitschaft aller Seiten, aufeinander zuzugehen und die Positionen der Gegenseite zumindest anzuhören: "Heute brauchen wir mehr denn je Dialog, Respekt und gemeinsame Verantwortung", sagte Ulloa kürzlich bei einer Predigt.
An die Demonstranten gerichtet sagte der Erzbischof: "An alle sozialen Schichten: Kämpft weiter für Gerechtigkeit, aber mit kollektiver Intelligenz und konstruktivem Geist. Schürt weder Hass noch Angst. Panama wird aus der Hoffnung heraus aufgebaut."
In der Unruheregion Bocas del Toro toben die Proteste besonders heftig. Es gibt Straßenblockaden, brennende Autos und fliegende Steine. Die Demonstranten werfen der Polizei brutale Repression vor, Bilder von Tränengas und Schlagstockeinsatz sorgen für Entsetzen.
Während Vertreter indigener Gemeinden von staatlicher Gewalt sprechen, erklärte Vize-Sicherheitsminister Luis Icaza, die Proteste seien infiltriert: "In ihnen operieren eine Reihe von Banden, die praktisch für die Unruhen verantwortlich sind, die diese Vandalen verursachen." Rund 200 Menschen wurden festgenommen. Die Gemengelage
ist unübersichtlich.
Medienvertreter zwischen den Fronten
Zwischen die Fronten geraten auch Medienvertreter, die versuchen Licht ins Dunkel zu bringen und selbst Ziel von Attacken werden "Besonders alarmierend ist, dass die Angreifer dieselben sind, die in der Vergangenheit die mangelnde Berichterstattung über ihre Forderungen beklagt haben.
Der Widerspruch ist offensichtlich und schmerzlich: Man kann keine objektive Information und Berichterstattung fordern und gleichzeitig diejenigen zum Schweigen bringen, deren Aufgabe es ist zu informieren", heißt es in einer Erklärung von Presseverbänden zur Lage in der Region.
Sind Russland und China involviert?
In den sozialen Netzwerken gibt es Spekulationen, dass Russland und China die Proteste gezielt unterstützten und forcieren, um die grundsätzlich pro-Amerikanische-Regierung in Panama-Stadt unter Druck zu setzen. Die sitzt zwischen allen Stühlen. Einerseits wird sie von der Trump-Regierung mit dem Anspruch auf den Panama-Kanal unter Druck gesetzt, gleichzeitig warnt Peking Panama sich nicht zum Statthalter Washingtons machen zu lassen.
Die Zeitung "La Estrella" kommentierte in diesen Tagen: "In der aktuellen geopolitischen Lage wird die Wechselbeziehung zwischen internationalem Handel, Seelogistik und Seemacht deutlich. Geoökonomie und Geopolitik sind miteinander verflochten. Ohne einen umfassenden und aktiven "Neutralitätsvertrag" wird Panama in diesem Szenario mitten in einem Krieg stehen."
Hinzu kommen seit Jahren ungelöste soziale Probleme. Plantagenarbeiter von Chiquita Panama legten vor Wochen die Arbeit nieder. Der Konzern reagierte mit Massenentlassen und verwies auf eine durch Streiks gezielt zerstörte Plantage. Für die betroffenen Familien sind die Entlassungen eine soziale Katastrophe.
Plantagenarbeiter in der Sozialversicherung
Die Regierung verabschiedete daraufhin ein neues Gesetz, dass die Plantagenarbeiter effektiver in die Sozialversicherung einbinden soll. So steht es zumindest auf dem Papier. Ob das reicht, um die Proteste abebben zu lassen wird sich zeigen. Erzbischof Ulloa schrieb erst einmal einen Brief an alle Beteiligten. Ein erster Schritt hin zu einem Dialog, der von allen Seiten herbeigesehnt wird. Aber zu dem wohl noch niemand so richtig bereit ist.