Kirche ehrt hannoversche Landesbischöfin Käßmann zum zehnjährigen Amtsjubiläum

"Niemals allein"

Eigentlich ist "You'll never walk alone" die Kulthymne der Fans in den Fußballstadien dieser Welt. Doch auch für die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann ist das Stück offensichtlich identitätsstiftend. In der Kirche gebe es "das Bewusstsein, gemeinsam auf dem Weg zu sein, niemals allein", zitiert die 51-Jährige den Text am Samstag bei einem "Dankeschön"-Fest der mit knapp drei Millionen Mitglieder größten Landeskirche Deutschlands.

Autor/in:
Dieter Sell
 (DR)

In Hannovers Innenstadt feierte die Kirche Käßmanns zehnjähriges Amtsjubiläum - und mit ihr alle, die ebenfalls ihr «Zehnjähriges» begingen.

Am 4. September vor zehn Jahren wurde Käßmann eingeführt. «Bei Dienstantritt kannte ich drei Leute», bekennt sie freimütig in einem Festgottesdienst. Nun sitzen ihr 800 Ehrengäste gegenüber: Frauen und Männer, die Kranke besuchen, Kinder betreuen, Sterbende begleiten, Obdachlosen helfen und Lebensmittel-Tafeln für Hartz-IV-Empfänger organisieren. Allein in der hannoverschen Landeskirche sind es 30.000
Haupt- und 100.000 Ehrenamtliche. Wie viele es bundesweit in den 22 Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sind, weiß keiner so genau.

Sie seien «der wahre Schatz der Kirche, weil sie den Glauben lebendig werden lassen», sagt der Präsident des hannoverschen Landeskirchenamtes, Burkhard Guntau. Mit seinem Dank beginnt das Fest rund um die hannoversche Marktkirche, zu der stellvertretend jeweils zehn Aktive aus jedem der 57 hannoverschen Kirchenkreise zwischen Nordseeküste und Weserbergland gekommen sind. Zehn - das sei eine besondere Zahl, sagt Käßmann, die mancher schon als nächste Ratsvorsitzende der EKD sieht. «Als Kind war es mir wichtig, zehn zu werden. Endlich im zweistelligen Bereich.»

Käßmann hat prominente Hilfsprojekte wie die «Zukunftsgestalten» für arme Kinder und das Netzwerk «Mirjam» für schwangere Mütter in Notlagen initiiert. Es müsse aber nicht immer alles großartig sein, leuchtfeuermäßig, blickt sie zurück. «Auch kleine Schritte tragen das Evangelium in die Welt.» So denken auch Ilse Cordes (59) und Holger Weidemann (55), Kirchenleute an der Basis, die zusammen mit Käßmann auf der Festbühne geehrt werden.

«Wir durchbrechen Einsamkeit und verbinden Menschen», erzählt Cordes, die sich seit zehn Jahren in einem Besuchsdienst engagiert. Und Weidemann gehört zu einem ambulanten Hospizdienst, der sterbende Menschen begleitet. Ja, ein schwerer Dienst, räumt er ein. «Aber ich bekomme von den Sterbenden mehr, als ich gebe. Es sind intensive Begegnungen. Und die Gemeinschaft der Gruppe trägt uns.»

Dass die zehn Jahre nicht immer Zuckerschlecken waren, auch das ist bei Käßmann herauszuhören. Sie musste gegen einen Krebs ankämpfen und die Scheidung von ihrem Ehemann Eckhard verkraften. Sie habe sich getragen gefühlt und setze auf die Dienstgemeinschaft der Kirche, sagt die Theologin. «Die Bischöfin ist nicht mehr wert als die Grüne Dame und der Küster nicht weniger als der Oberlandeskirchenrat.»

Trotz abnehmender finanzieller Kräfte der Kirche hoffe sie, dass die Kirche auch in den nächsten zehn Jahren exemplarisch zeige, was Solidarität mit den Schwachen bedeute, bekräftigt Käßmann. Sie freue sich auf die nächsten zehn Jahre: «Mit Teamgeist, gegenseitiger Wertschätzung und schlicht Freude am gemeinsamen Weg.»