Hannoversche Landesbischöfin Käßmann ist zehn Jahre im Amt

"Möchte nicht katholisch werden"

Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann ist am Freitag zehn Jahre als Bischöfin der mit knapp drei Millionen Mitgliedern größten evangelischen Landeskirche in Deutschland im Amt. Aus diesem Anlass spricht sie über Ökumene, die Strukturreform der Landeskirchen und über die unterschiedlichen Führungsstile in der Wirtschaft und der Kirche.

 (DR)

Die Führungsstile in der Wirtschaft und der Kirche unterscheiden sich nach Ansicht der 51-jährigen promovierten Theologin Käßmann erheblich. Das geistliche Leiten einer Bischöfin könne nicht autoritär von oben geschehen, sagte Käßmann dem epd in Hannover.

Protestanten dürften nicht durch Macht und Gewalt leiten, sondern allein durch das Wort, sagte Käßmann. Sie habe als Bischöfin mehr als 500 Predigten und noch einmal so viele Vorträge gehalten: «Das zeigt, wie ungeheuer wichtig das Wirken durch das Wort ist.» Brennende gesellschaftliche Themen sollten auch auf der Kanzel angesprochen werden: «Wenn eine Gemeinde sich um eine Iranerin kümmert, die abgeschoben werden soll, kann ich nicht ignorieren, dass in der Bibel steht: 'Den Fremdling, der unter euch wohnt, den sollt ihr schützen'.»

In den vergangenen sechs Jahren war Käßmann auch Mitglied des höchsten Leitungsgremiums der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), dem Rat. Die gebürtige Marburgerin gilt als mögliche Nachfolgerin des Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber. Käßmann selbst äußert sich zu diesen Spekulationen nicht. Der neue Rat wird bei der EKD-Synode Ende Oktober in Ulm gewählt.

Als mögliche Themen für die nächste Ratsperiode nannte sie Bildung und Ethik. Palliativmedizin, Hospize und christliche Patientenverfügungen seien ebenfalls ein Dauerthema. Dies gelte auch für die Entwicklung rund um die Pflege. Im Gespräch mit den Muslimen müsse die evangelische Kirche ihre Klarheit behalten und weiter eine gute Nachbarschaft pflegen. «Mir liegt daran, sowohl einen Dialog des Respekts in Deutschland zu führen, als auch für Religionsfreiheit in anderen Ländern einzutreten.»

Zu einer künftigen Strukturreform der 22 evangelischen Landeskirchen in Deutschland sagte Käßmann, eine Zusammenlegung an sich sei noch kein geistliches Erfolgmodell: «Aber sie kann nützlich sein.» Sie hätte eine niedersächsische Kirche für sinnvoll gehalten, wie sie der braunschweigische Landesbischof Friedrich Weber im Frühjahr vorgeschlagen hatte. Während die hannoversche Synode einstimmig dafür gewesen sei, hätten die vier kleineren Kirchen jedoch dagegen gestimmt: «Wir werden sie natürlich nicht dazu drängen.»

Kirchliche Vielfalt könne sehr kreativ sein, sagte Käßmann mit Blick auf die katholische Kirche: «Aber für mich wäre es ein Modell versöhnter Verschiedenheit zu sagen, wir erkennen uns gegenseitig als Kirchen an. Wir erkennen unsere jeweiligen Ämter an und können deshalb das Abendmahl als Symbol der Einheit miteinander feiern.» Sie wisse, dass dies für die Katholiken zurzeit kein gangbarer Weg sei, aber für sie wäre es einer, sagte Käßmann. Ökumene bedeute jedoch nicht Gleichmacherei: «Ich möchte nicht katholisch werden, und ich verlange von keinem katholischen Christen, dass er lutherisch wird.»