Kinderschutz-Zentren kritisieren geplantes Bundesgesetz

"Falsche Erwartungen können zu Katastrophen führen"

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutzzentren hat vor falschen Erwartungen an das geplante Bundeskinderschutzgesetz gewarnt. Die Kinderschutz-Zentren betrachteten das Gesetzesvorhaben mit großer Skepsis, erklärte die Arbeitsgemeinschaft am Donnerstag in Köln. Statt neuer Bestimmungen bräuchte es mehr Geld, Räume und Zeit.

 (DR)

«Weniger die fehlenden oder falschen gesetzlichen Vorgaben sind für ein Scheitern der Hilfeeinrichtungen verantwortlich, sondern der institutionelle Mangel an finanziellen, räumlichen, zeitlichen und personellen Ressourcen.» Die Kinderschutz-Zentren forderten die Fraktionen im Bundestag auf, dem vorliegenden Regierungsentwurf nicht zuzustimmen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinderschutz-Zentren kritisiert vor allem, dass ein Jugendamt ein gefährdetes Kind selbst in Augenschein nehmen muss. Sie verwies auf ihre Stellungnahme vom Dezember zu dem Referentenentwurf des Bundeskinderschutzgesetzes. Darin beschreiben die Kinderschutz-Zentren unter anderem anhand von Fallbeispielen, welche Konsequenzen das «Verschaffen eines unmittelbaren Eindrucks» bei bestimmten Gefährdungslagen haben kann. Sensibel aufgebaute Vertrauensbeziehungen zu Eltern und erste Hilfsangebote würden durch übereilte Interventionen wie Hausbesuche häufig seitens der betroffenen Familien abgebrochen. Eltern, und damit auch die Kinder, seien dann für weitere Hilfen nicht mehr erreichbar, kritisierte die Bundesarbeitsgemeinschaft.

Hausbesuche seien in bestimmten Situationen zwar ein angemessenes und notwendiges Mittel, um sich ein Bild zu verschaffen, heißt es in der Stellungnahme. Aber bei «emotionaler und kognitiver Vernachlässigung, bei psychischer Misshandlung und bei sexuellem Missbrauch sind Hausbesuche zur Klärung der Gefährdung oft nicht hilfreich». Unter dem Druck, nichts falsch zu machen, würden Fachkräfte im Zweifel einen Hausbesuch und damit so manches Mal etwas gefährlich falsch machen, befürchten die Kinderschutz-Zentren.

Der vom Bundesfamilienministerium vorgelegte Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass ein Jugendamt ein gefährdetes Kind selbst in Augenschein nehmen muss, wenn es gewichtige Anhaltspunkte für Verwahrlosung oder Misshandlung gibt. Auch das sogenannte «Jugendamts-Hopping», bei dem sich verdächtige Familien bisher durch einen Umzug dem Zugriff entziehen konnten, soll erschwert werden.

Alle für eine Gefährdungseinschätzung notwendigen Informationen über die Familie werden künftig dem neuen Jugendamt übermittelt. Daneben soll es Ärzten und anderen «Berufsgeheimnisträgern» erleichtert werden, ihre Schweigepflicht abzuwägen und das Jugendamt über eine mögliche Gefährdung zu informieren.