kfd-Funktionärin fordert Frauen in allen kirchlichen Ämtern

"Es geht kein Weg daran vorbei"

Bereits zum dritten Mal begeht die kfd am Tag der Apostelin Junia den Predigerinnentag. Auch Ulrike Göken-Huismann hat die Kanzel bestiegen und erklärt, warum ihr das Predigen in der Eucharistiefeier so wichtig ist.

Ulrike Göken-Huismann / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ulrike Göken-Huismann / © Julia Steinbrecht ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie war es denn gestern Abend in Geldern am Niederrhein, in der Kirche St. Maria Magdalena während einer Eucharistiefeier zu predigen?

Ulrike Göken-Huismann (Geistliche Begleiterin der kfd auf Bundesebene und Mitglied im kfd-Bundesvorstand): Es war sehr schön gestern Abend. Der Gottesdienst war gut besucht, viele kfd-Frauen waren da und es ist schon etwas Besonderes, das bewusst zu tun und die biblischen Texte zum Fest der Apostelin an der richtigen Stelle auszulegen.

Ulrike Göken-Huismann

"Ich merke, wie wichtig es ist, dass eben auch an dieser Stelle eine Frau steht und nicht "nur" der Priester."

Es ist auch für mich immer noch etwas Besonderes und auch etwas besonders Schönes, weil ich es einfach sehr gerne tue. Ich merke, wie wichtig es ist, dass eben auch an dieser Stelle eine Frau steht und nicht "nur" der Priester. Das sagen mir hinterher auch die Frauen

DOMRADIO.DE: Woran liegt es, dass man bei Aposteln nie an Frauen denkt?

Stichwort: Predigt

Die Predigt (von lateinisch praedicátio "Lobpreis, Lob, Vorspruch", von praedicáre "laut ausrufen, bekanntmachen, loben") ist die Glaubensverkündigung in Form einer Ansprache, in der Regel im Rahmen eines Gottesdienstes.

Die Predigt in der heiligen Messe wird als Homilie ("Gespräch, Rede, Unterricht") bezeichnet, die die in der heiligen Messe verkündeten Perikopen auslegt.

Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, predigt zu Ostern in der Kathedrale von Canterbury / © Gareth Fuller (dpa)
Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, predigt zu Ostern in der Kathedrale von Canterbury / © Gareth Fuller ( dpa )

Göken-Huismann: Zum einen war die Junia auch über Jahrhunderte, Jahrtausende quasi mundtot gemacht. Man hatte aus ihr im Mittelalter einen Mann gemacht. "Junias" stand in der Bibel, weil man sich gar nicht mehr vorstellen konnte, dass es auch weibliche Apostel gab.

Durch theologische Frauenforschung von Bernadette J. Brooten Ende der 1970-er Jahre ist ganz klar nachgewiesen worden, dass es sich um eine Frau handelt. Erst in der Einheitsübersetzung, die 2016 veröffentlicht worden ist, steht definitiv Junia, die Apostelin, die unter den Aposteln herausragt, die mit Paulus zusammen im Gefängnis war, die in der frühen Kirche unwahrscheinlich viel missioniert hat.

Die Junia ist quasi 2016 durch die neue Einheitsübersetzung rehabilitiert.

DOMRADIO.DE: Sie sagen, dassSsie ihre Hoffnung auf den Synodalen Weg setzen, damit es Frauen offiziell erlaubt wird, in der Eucharistiefeier zu predigen. Warum ist Ihnen das ein Herzensanliegen?

Göken-Huismann: Weil ich es einfach wichtig finde, dass in unserer Kirche die biblischen Texte von Männern und Frauen, von Menschen allen Geschlechts ausgelegt werden und dass das nicht einem Geschlecht, einem Amt vorbehalten ist.

Vielmehr es ist wichtig, dass auch die Stimme der Frauen an dieser Stelle zu Worte kommt, um die ganze Fülle der Glaubensüberzeugungen, der Glaubenserfahrung ins Gespräch zu bringen. Sonst fehlt einfach etwas.

DOMRADIO.DE: Sie machen das jetzt schon zum dritten Mal an zwölf Orten in ganz Deutschland und haben nicht nur schöne Erfahrungen damit gesammelt. Da gab es auch Beschwerden. Wie reagieren Sie darauf?

Göken-Huismann: Es hat im letzten Jahr Anzeigen von Frauen in Rom gegeben. Drei Frauen sind in Rom angezeigt worden, weil sie gegen das Kirchenrecht verstoßen haben. Das hat uns erst ein bisschen nachdenklich gemacht.

Ulrike Göken-Huismann

"Wir bleiben da dran, es muss sich etwas verändern. Und wenn man will, dass sich etwas verändert, dann muss man auch manchmal über Grenzen gehen."

Aber im zweiten Schritt haben wir gesagt, dass es eigentlich genau das ist, was wir wollen. Dass man über uns spricht, dass man darüber spricht, dass sich was verändern muss. Wir haben vorab mit allen Frauen kommuniziert, die sich in diesem Jahr dazu bereit erklärt haben, dass das passieren kann.

Aber für uns ist völlig klar: Wir bleiben da dran, es muss sich etwas verändern. Und wenn man will, dass sich etwas verändert, dann muss man auch manchmal über Grenzen gehen.

DOMRADIO.DE: Haben Sie auf Ihre Predigt gestern schon Reaktionen bekommen?

Göken-Huismann: Wir haben nach dem Gottesdienst mit den Gottesdienstbesucher*innen gesprochen. Es war eine sehr schöne Stimmung, weil es in Geldern auch eine ganz besondere Kirche ist, eine Kirche zur zweiten Apostelin Maria Magdalena mit besonderen Kunstwerken. Das war eine tolle Atmosphäre.

DOMRADIO.DE: Im Bistum Essen taufen seit kurzem ganz offiziell 17 Laien, darunter auch Frauen, weil es nicht genügend Priester und Diakone gibt. Ist das ein Modell für die Zukunft?

Ulrike Göken-Huismann

"Es geht kein Weg daran vorbei, dass Frauen zu allen Diensten und Ämtern in unserer Kirche zugelassen werden."

Göken-Huismann: Ich finde, das ist auf der einen Seite ein total mutiger und wichtiger Schritt von Bischof Overbeck. Dieser Schritt ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber er reicht nicht. Es geht kein Weg daran vorbei, dass Frauen zu allen Diensten und Ämtern in unserer Kirche zugelassen werden.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Quelle:
DR