Corona-Beschlüsse zu Ostern sorgen für Debatten

Keine Präsenzgottesdienste trotz guter Hygienekonzepte?

Die jüngsten Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern stoßen weiterhin auf Kritik. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer kritisierte die Bitte an die Religionsgemeinschaften, auf Gottesdienste zu verzichten.

Corona-Beschlüsse zu Ostern sorgen weiter für Debatten / © Henning Schoon (KNA)
Corona-Beschlüsse zu Ostern sorgen weiter für Debatten / © Henning Schoon ( KNA )

"Es hat mich schon erstaunt, dass ausgerechnet Parteien, die das C im Namen führen, den Kirchen den Verzicht auf Gottesdienste nahelegen, noch dazu an Ostern", sagte Seehofer (CSU) der "Bild"-Zeitung am Mittwoch. Sein Haus habe diesen Vorschlag nicht gemacht, obwohl es für die Religionen zuständig sei. Die Hygiene-Konzepte der Kirchen funktionierten "bis heute tadellos", so Seehofer.

In der Bund-Länder-Konferenz hatte man sich zuvor darauf geeinigt, mit der Bitte auf die Kirchen und Religionsgemeinschaften zuzugehen, religiöse Versammlungen in der Osterzeit nur virtuell durchzuführen. Vertreter der beiden großen Kirchen reagierten überrascht.

Erzbischof Koch zeigt sich enttäuscht über Corona-Beschlüsse

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat mit Enttäuschung auf die jüngsten Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern reagiert.

Eigentlich habe die Politik zugesagt, dass es in diesem Jahr nicht so laufen solle wie 2020, sagte Koch am Mittwoch im rbb-Inforadio. Zudem habe die Kirche sehr gute Hygiene- und Abstandskonzepte. "Die Sorge um die Gesundheit nehmen wir sehr ernst", betonte der Erzbischof.

Nach aktuellem Planungsstand solle es verschiedene Gottesdienstformen zu Ostern geben, sagte Koch. Online-Gottesdienste gehörten ebenso dazu wie Gottesdienste im Freien. "Und es wird wahrscheinlich die Möglichkeit geben, unter sehr begrenzten Bedingungen auch Gottesdienste live zu halten", so der Erzbischof. Er appellierte an Besucher, Selbsttests durchzuführen. "Und wir werden rigoros auf die Einhaltung der Bedingungen achten."

Sternberg will Präsenzgottesdienste

Die katholischen Laien drängten auf Präsenzgottesdienste zu Ostern. Sie seien alles andere als unwichtig, weil in ihnen auch die Sorgen der Pandemie zur Sprache gebracht werden könnten, sagte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

"Es muss in den Gesprächen mit Bund und Ländern deutlich werden, dass die Öffnung der Kirchentüren zu Ostern etwas anderes ist als die Öffnung irgendwelcher Geschäfte", fügte Sternberg hinzu. Dies sei "verantwortungsvoll unter Wahrung strenger Regeln möglich. Wir sehen unsere Verantwortung für die Menschen und nehmen die dritte Welle der Pandemie sehr ernst."

Sternberg betonte, dass Gottesdienste an den höchsten Feiertagen "unersetzbare Bestandteile christlichen Lebens" seien. Er verwies auf die strengen Schutzkonzepte in deutschen Gotteshäusern. Zu Weihnachten sei kein katholischer Gottesdienst zum Corona-Hotspot geworden. Daran könne man anknüpfen, so der ZdK-Präsident. Er appellierte zudem an die öffentlich-rechtlichen Medien, Sendeplätze für die Übertragungen der Ostergottesdienste zu schaffen. "Gerade an diesem Ostern müssen die Liturgien in den Medien präsent sein."

Kretschmer: Kirchen selbst entscheiden lassen

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erklärte, er wolle die Kirchen selbst über Präsenzgottesdienste entscheiden lassen. Er habe keinen Zweifel daran, dass die Religionsgemeinschaften "einen klugen und verantwortungsvollen Weg finden werden", sagte er am Dienstagabend in den ARD-Tagesthemen.

Ähnlich hatte sich zuvor Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) geäußert. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, keinen Druck auf die Kirchen ausüben zu wollen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) warb indes um Verständnis: Es gehe um eine Reduzierung "sämtlicher öffentlicher Bewegungen".

Rechtswissenschaftler: "Erweiterte Ruhezeit" zynisch

Der Rechtswissenschaftler Steffen Augsberg bezeichnete unterdessen die Bezeichnung "erweiterte Ruhezeit" als zynisch. Die Regelung treffe vor allem jene, "die gehofft hatten, am Gründonnerstag noch einmal Umsatz zu machen", sagte er der "Welt". Ein einziger Tag werde sicher keinen entscheidenden Umschwung bringen, mahnte das Mitglied des Deutschen Ethikrats. Zudem sei am Karsamstag mit «proppenvollen» Geschäften zu rechnen, da etwa ältere Menschen mit Rollator keinen Großeinkauf machen könnten.


Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) / © Sebastian Kahnert/zb (dpa)
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) / © Sebastian Kahnert/zb ( dpa )
Quelle:
KNA