Katholischer Krankenhausverband bewertet Krankenhausgipfel

Finanziell auf sich allein gestellt

An den Reformplänen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach gibt es viel Kritik. Sie standen am Montag in Berlin beim Krankenhausgipfel im Mittelpunkt. Es muss sich etwas ändern, darüber herrscht Einigkeit, aber nicht über das wie.

Pflegepersonal im Krankenhaus / © Rob Engelaar/ANP (dpa)
Pflegepersonal im Krankenhaus / © Rob Engelaar/ANP ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie haben beim Krankenhausgipfel mit diskutiert. Sind Sie mit den Ergebnissen zufrieden?

Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, stellt neben anderen Vertretern auf einer Pressekonferenz einen neuen Krankenhausplan vor.  / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, stellt neben anderen Vertretern auf einer Pressekonferenz einen neuen Krankenhausplan vor. / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Ingo Morell (Vorsitzender des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands): Der Tag war sehr gut und wir haben, so denke ich, neue Standortbestimmungen bekommen, auch vom Gesundheitsminister. Wobei ich eins vorwegschicken muss. Minister Karl Lauterbach hat gestern sehr deutlich die schwere, schwierige wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser angemerkt. Er hat sie selber geschildert.

Ingo Morell (Vorsitzender des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands)

"Was die Ergebnisse bezüglich der Krankenhausreform angeht, da haben wir gestern zur Kenntnis nehmen können, dass die Länder sich, nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollen."

Was er leider nicht gemacht hat, ist zu erklären, wie man das Ganze lösen kann. Er ist unabhängig von der Krankenhausreform auf die aktuelle Situation in den Krankenhäusern eingegangen. Damit sind wir natürlich nicht zufrieden, aber er sieht es zumindest. Was die Ergebnisse bezüglich der Krankenhausreform angeht, haben wir zur Kenntnis nehmen können, dass sich die Länder nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollen.

Sie bestehen weiterhin darauf, dass Planung und Struktur der Krankenhauslandschaft Ländersache bleibt. Das ist sehr deutlich geworden.

Außerdem hat Minister Lauterbach deutlich zu erkennen gegeben, dass der sehr umstrittene Diskussionsentwurf der Regierungskommission noch nachgebessert beziehungsweise überarbeitet werden muss. Damit sind wir schon zufrieden.

DOMRADIO.DE: Sie kritisieren vor allem die geplanten bundeseinheitlichen Versorgungslevel als realitätsfremd. Können Sie erklären, was dahintersteckt und was das Problem dabei ist?

Morell: Die Regierungskommission hat zwei Ordnungskriterien festgelegt. Das eine sind die Levels, wovon es drei gibt. Das andere sind die Leistungsgruppen, insgesamt 128. Das hört sich alles sehr theoretisch an.

Um es praktisch zu erklären: Level 1 sind zum Beispiel die Universitätskliniken. Leistungsgruppen sind die Kategorisierungen von medizinischen Leistungen wie zum Beispiel eine Blinddarmoperation oder eine Linksherzkathetermessplatz-Untersuchung, also das, was in die Gruppen einsortiert und dann zugeordnet wird.

Die Hauptdiskussion geht im Moment um die Level-2-Häuser. Als Level-2-Haus müssen sie eine Geburtshilfe haben, eine Schlaganfallstation und einen Linksherzkathetermessplatz für Herzinfarktpatienten.

Diese Struktur haben aber viele Häuser nicht. Wenn sie die nicht haben, dann werden sie zu einem Level-1-Haus runtergestuft. Und als Level-1-Haus dürfen sie von 128 Leistungsgruppen nur noch 14 machen. Sie können sich vorstellen, dass das dann nur noch eine ganz rudimentäre Krankenhausversorgung ist.

Um das jetzt an einem Beispiel deutlich zu machen: In Bergisch Gladbach haben wir zwischen zwei Krankenhäusern eine Aufgabenverteilung. Der eine macht die Schlaganfallstation, der andere macht den Herzinfarkt. Das läuft seit etwa zehn oder 15 Jahren sehr gut. Das ist eingespielt.

Ingo Morell (Vorsitzender des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands)

"Damit würden sie circa 70 Prozent ihrer medizinischen Leistungen, die sie im Moment machen, nicht mehr machen dürfen. An der Stelle wird einfach deutlich, dass diese starre Zuordnung stört, weil sie die Versorgung der Patienten gefährdet."

Wenn die Pläne der Regierungskommission wahr würden, dann hätten beide Häuser ein Problem, weil sie jeweils ein Element des Levels 2 nicht hätten. Dann würden sie nur noch ein Level-1-Haus sein und damit würden sie circa 70 Prozent ihrer medizinischen Leistungen, die sie im Moment machen, nicht mehr machen dürfen.

An der Stelle wird einfach deutlich, dass diese starre Zuordnung stört, weil sie die Versorgung der Patienten gefährdet.

DOMRADIO.DE: Ihre Kritik war, dass die Regierungskommission beziehungsweise der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach noch keine Lösung für das Problem hatte. Was wäre denn aus Ihrer Sicht eine bessere Lösung? Haben Sie einen Vorschlag?

Morell: Wir sind im Moment in Nordrhein-Westfalen auf dem Weg, die Krankenhausplanung umzusetzen, die Herr Laumann (Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Anm. d. Red.) letztes Jahr im Landtag beschlossen hat.

Das ist definitiv eine Möglichkeit, denn das Land NRW hat einen Konsens zwischen Krankenkassen, Ärztekammern, Ministerium und Krankenhausgesellschaft gefunden. Man hat sich dort auf 60 Leistungsgruppen für die somatischen Krankenhäuser geeinigt.

Diese Leistungsgruppen werden den Häusern zugeordnet. Die Häuser können sich bewerben und das führt dazu, dass wir eine gewisse Konzentration von Leistungen haben, um zum Beispiel ganz schwere Operationen wie Pankreas oder Ösophagusvarizen durchzuführen. Die soll nicht mehr jeder machen. Dahinter steht auch die Krankenhausseite und das erreichen wir durch die Leistungsgruppendefinition. Da findet schon jetzt ein Strukturwandel in NRW statt.

Im Moment funkt uns halt die Bundesebene ein Stück dazwischen, weil sie da eine große Unsicherheit schürt. Aber Minister Laumann hat klargestellt, dass er an diesem Weg festhält, den wir auch unterstützen. Auch wenn der Weg dazu führt, dass Krankenhausstandorte vielleicht umgewidmet oder sogar geschlossen werden.

DOMRADIO.DE: Sind von den schlechten wirtschaftlichen Entwicklungen alle Krankenhäuser betroffen oder stehen die katholischen Kliniken vielleicht durch ihre Trägerschaft finanziell besser da?

Ingo Morell (Vorsitzender des Katholischen Krankenhausverbandes Deutschlands)

"Dann leben die Städtischen Kliniken Köln im hohem Maße davon, dass die Defizite von der Stadt ausgeglichen werden. Das haben wir im katholischen Bereich überhaupt nicht. Diese Unterstützung fehlt uns und deswegen ist die wirtschaftliche Situation noch schwieriger."

Morell: Im Moment ist es so, dass die aktuelle Situation alle Häuser betrifft. Die katholischen Häuser haben das zusätzliche Problem, dass sie keine Kommune im Hintergrund haben, die Defizite auffängt.

Wenn wir das Beispiel Städtische Kliniken Köln nehmen, dann leben diese im hohem Maße davon, dass die Defizite von der Stadt ausgeglichen werden. Das haben wir im katholischen Bereich überhaupt nicht.

Diese Unterstützung fehlt uns. Deswegen ist die wirtschaftliche Situation noch schwieriger, denn das macht auch die Gespräche mit den Banken deutlich schwieriger.

Das Interview führte Katharina Geiger.

Der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd)

400 katholische Klinikstandorte: Sie eint das Ziel einer bestmöglichen Versorgung und Pflege für ein Leben in Gesundheit und Würde. Und dies für alle Patienten. Die im kkvd verbundenen Kliniken vertreten rund ein Fünftel aller Kliniken in Deutschland. Sie versorgen zudem rund ein Fünftel aller Patienten hierzulande jedes Jahr.

Leeres Krankenhausbett  / © Hadrian (shutterstock)
Quelle:
DR