Katholische Kirche und Zentralrat kritisieren Levy-Groteske

"Hitler eignet sich nicht als Witzfigur"

Kurz vor Kinostart am Donnerstag hat der Zentralrat der Juden seine Vorwürfe an dem Film "Mein Führer" verschärft. Auch "Medien-Bischof" Gebhard Fürst übte Kritik: Angesichts des unsäglichen Leids von vielen Millionen Menschen eigne sich die Schlüsselfigur eines Verbrecherregimes nicht als Witzfigur. Regisseur Dani Levy verteidigt seinen Film dagegen vehement. "Warum sollte ich als Jude und Kind einer Flüchtlingsfamilie, der einen großen Teil seiner Familie im Holocaust verloren hat, einen Film machen, der verharmlost?", sagte Levy der "Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung".

 (DR)

Rückendeckung bekam er von WDR-Intendant Fritz Pleitgen, der den Film als gelungene Entlarvung des Nationalsozialismus lobte.

"Nur die Opfer könnten uns das Recht zugestehen, über Hitler zu lachen", betont Medienbischof Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart) zum Kino-Start von „Mein Führer". Für Fürst, der auch Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz ist, ist die Satire durchaus ein Mittel, um kritische Distanz zum Ausdruck zu bringen. Der Film sei eine unangemessene Verharmlosung.

Künstlerische Freiheit sei in der Wahl ihrer Ausdrucksmittel zu respektieren, so Fürst. Der Respekt vor den Opfern verbiete es jedoch, diese zu Komparsen einer Komödie zu degradieren, sagt der Medienbischof. Fürst kritisiert auch die Reduzierung der Katastrophe des Nationalsozialismus auf die Person eines einzelnen Psychopathen. Dass sich damals für einen großen Teil der deutschen Bevölkerung das Wertesystem so verkehrt hatte, dass Verbrechen als Normalität und Menschen als minderwertiges Material betrachtet werden konnten, zeige einen Abgrund des Bösen, der sich jeder Erklärung verweigere. Auf jeden Fall, so Fürst, sei dies das radikale Gegenteil einer Komödie.

Zentralrat: Grob fahrlässig

Der Zentralrat der Juden bekräftigte derweil seine Vorwürfe. Generalsekretär Stephan Kramer kritisierte, „Hitler war keine Witzfigur mit verkorkster Kindheit. Er war nicht unzurechnungsfähig oder bloß ein Fall für den Therapeuten". Levy handle „grob fahrlässig in einer Zeit, wo das Tagebuch von Anne Frank öffentlich verbrannt, jüdische Kinder auf Straßen angegriffen, Synagogen und Friedhöfe geschändet und Neonazis mit ihren rassistischen Parolen in immer mehr Landesparlamente gewählt werden".
Auch bei mehr als jedem zweiten Deutschen stößt die Hitler-Komödie des deutsch-jüdischen Regisseurs auf Ablehnung. Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage für das Hamburger Magazin „Stern" sind 56 Prozent der Befragten gegen den Film. 35 Prozent sehen die Komödie positiv, 9 Prozent sind unschlüssig.

Levy: Mein persönlichster Film
Levy („Alles auf Zucker!") verteidigt seinen Film, Lachen über Hitler habe nichts mit Entschuldigen oder Verharmlosen zu tun. „Aber vielleicht braucht es Mut, den Führer als erbärmliches Würstchen zu akzeptieren", betonte er. „Wir müssen uns auch für die psychologischen Gründe dieser Verbrecher interessieren, auch wenn es uns schwer fällt."

„Mein Führer" sei vermutlich sein persönlichster Film geworden. Seine Beschäftigung mit seinen Ängsten, dem Schweigen seiner Mutter über die Gräuel der Vergangenheit und den Bildern vom Holocaust mache er damit öffentlich.

Rückendeckung bekam Levy von WDR-Intendant Fritz Pleitgen, der den Film als gelungene Entlarvung des Nationalsozialismus lobte.  Pleitgen urteilte: „Dani Levy ist das Wagnis gelungen." Der Film stelle die Primitivität und Kriminalität des Hitler-Regimes auf künstlerisch höchstem Niveau bloß. Er sei sich sicher, „dass es - gerade bei Jugendlichen - zu keinen Missverständnissen über diesen Film kommen kann".

Weltweites Interesse
Ungeachtet der Kritik in Deutschland gibt es an Levys neuem Film bereits weltweites Interesse. Unter anderem wollen die USA, Frankreich, Italien und Großbritannien den Film in ihren Kinos zeigen. Dirk Schürhoff von Beta Cinema sagte: „Das weltweite Medieninteresse für die erste deutsche Persiflage über Adolf Hitler ist gigantisch."

„Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler" wurde am Dienstag in Essen uraufgeführt. Am Donnerstag kommt der Film offiziell in die Kinos.