Katholische Kirche gedenkt dem Heiligen Anselm von Canterbury

Gott muss existieren!

Vor knapp 1000 Jahren lebte Anselm von Canterbury. Bis heute beschäftigt er die Theologie und Philosophie, insbesondere mit dem ontologischen Gottesbeweis. Ein Versuch, die Existenz Gottes mit einem Argument zu beweisen.

Autor/in:
Tim Helssen
Statue des Anselm von Canterbury im Päpstlichen Athenaeum Sant’Anselmo in Rom / © Vivida Photo PC (shutterstock)
Statue des Anselm von Canterbury im Päpstlichen Athenaeum Sant’Anselmo in Rom / © Vivida Photo PC ( shutterstock )

 "In Anselm wird die abendländische Philosophie von neuem geboren" – ein Zitat des Philosophen Karl Jaspers, das die große Bedeutung Anselms bereits erahnen lässt. 

Im Nordwesten Italiens, in Aosta kam er zur Welt, als Geburtsjahr wird das Jahr 1033 angenommen. Auch wenn über seine Kindheit und Jugend nur wenig bekannt ist, wissen wir, dass er ein relativ schlechtes Verhältnis zu seinem Vater hatte und ihn mit 23 Jahren nach dem Tod seiner Mutter verließ. 

Kathedrale von Canterbury / © 4kclips (shutterstock)

Anselm ging nach Frankreich und führte dort ein Wanderleben, besuchte verschiedene Klosterschulen. Und geriet an das Benediktinerkloster in Bec, in der Normandie. Er war zunächst nur Schüler und dann Mönch, drei Jahre später wurde er zum Prior und schließlich nach 16 weiteren Jahren zum Abt gewählt. Mit großen Widerständen wurde Anselm im Jahr 1093 zum Erzbischof von Canterbury gewählt. Anselm von Canterbury – Erzbischof und gleichzeitig Primas von England, einer der höchsten Posten der okzidentalen Christenheit.

Kampf für die Unabhängigkeit der Kirche Englands

Doch diese Zeit war nicht leicht für ihn. Mit aller Kraft wehrte er sich gegen die fast vollständige Abhängigkeit der Kirche vom Königtum, angetrieben von einer theologischen Motivation, die Kirche sei "freie Braut Christi, nicht hörige Magd der Könige."

Zwei Mal ging Anselm von Canterbury für jeweils drei Jahre ins Exil und wurde von den Bischöfen Englands im Stich gelassen, viele erwiesen lieber dem König ihre Loyalität. Nach Anselms zweitem Exil gab es jedoch eine Einigung zwischen dem König und dem Primas Englands. 

Warum wir uns bis heute an Anselm erinnern

Auch wenn Anselm nur wenige, dafür aber sehr reichhaltigen Schriften hinterließ, sind sie bis in die Gegenwart wichtiger Bestandteil der Philosophie und Theologie geblieben. Sein Anliegen zieht sich dabei durch alle Schriften hindurch: Er will verstehen was wir glauben, Glaube und Wissen brauchen einander. Der Glaube bleibt hinter dem gewonnenen Wissen immer notwendig, aber das Streben nach Einsicht und Verständnis gehört ebenso zum Wesen des Glaubens. 

Im Jahr 1077 entstand eines seiner Hauptwerke, das bereits im ursprünglichen Titel das theologische Programm Anselms ausdrückt: "Fides quaerens intellectum" ("Glaube, der nach Einsicht sucht"). Später gab Anselm seinem Werk den Namen "Proslogion" ("Anrede"). Darin spricht er seine Mitbrüder und Gott direkt an und entfaltet den sogenannten ontologischen Gottesbeweis.

Anselm von Canterbury denkt über den Grund des Glaubens nach. Es geht ihm darum zu zeigen, dass die Existenz Gottes rational mit einem Argument erfasst werden kann. Er entfaltet zunächst, was wir über Gott sagen können: "Gott ist dasjenige, worüber hinaus größeres nicht gedacht werden kann."

Der ontologische Gottesbeweis

Wer würde da widersprechen? Sein Versuch, Gottes Existenz zu beweisen, besteht viel mehr darin, dem Atheisten gegenüber deutlich zu machen, dass er sich in einen Widerspruch verstrickt, wenn er die Existenz Gottes leugnet. Etwas das größer und vollkommener ist, als alles das gedacht werden kann, muss in Wirklichkeit existieren, denn sonst könnte es unmöglich dasjenige sein, über das hinaus größeres nicht gedacht werden kann. 

Dieser Begriff Gottes kann gar nicht gedacht werden, ohne dass wir notwendigerweise auf die Existenz kommen. Ein Gedanke, der simpel, wie genial erscheinen mag. 

Denkmal für Immanuel Kant in Kaliningrad / © Mikhail Markovskiy (shutterstock)
Denkmal für Immanuel Kant in Kaliningrad / © Mikhail Markovskiy ( shutterstock )

Doch Kritik und Gegenargumente folgten zuhauf, Immanuel Kant überzog den ontologischen Gottesbeweis mit einer vernichtenden Kritik. Seiner Ansicht nach sind Sein und Existenz keine realen Prädikate. Anselms Argument sei nur eine Beschreibung dessen, was die Menschen unter "Gott" verstehen. Daraus folgt noch lange keine Existenz. Der Begriffsinhalt sagt noch lange nichts darüber aus, ob wirklich etwas in Raum und Zeit anzutreffen ist.

Auch wenn die Existenz Gottes nicht endgültig beweisen wurde, lässt sich mit Sicherheit behaupten: Wenn es ums Beweisen geht, sagen Gottesbeweise nicht besonders viel, wenn es aber um Gott geht, sagen sie eine ganze Menge. Anselm von Canterbury, ein Kirchenvater, der dem Mittelalter in vielem weit voraus war und bis heute die Theologie damit beschäftigt, sein Argument zu widerlegen oder zu bestätigen. 

Am 21. April 1109 starb Anselm von Canterbury, sowohl in der katholischen der wie anglikanischen Kirche wird ihm am 21. April gedacht. 

Quelle:
DR

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