Bauhüttenwesen will immaterielles Kulturerbe werden

An Kathedralen trifft mittelalterliche Tradition auf Hightech

Die nationale Hürde ist genommen – jetzt beantragen 18 europäische Münster- und Dombauhütten bei der Unesco in Paris die Aufnahme in das weltweite Verzeichnis. Dazu werden sie persönlich in der französischen Hauptstadt vorstellig.

Autor/in:
Volker Hasenauer
Hammer und Steinplatten in der Dombauhütten-Werkstatt / © Katharina Ebel (KNA)
Hammer und Steinplatten in der Dombauhütten-Werkstatt / © Katharina Ebel ( KNA )

Sie sind Kulturdenkmäler von Weltrang, Touristenmagnete und städtische Wahrzeichen: die Kathedralen, Münster und Dome in Straßburg, Ulm, Köln oder Wien. Die berühmten Zeugnisse des Glaubens und der Baukunst für kommende Generationen zu erhalten, dieser Aufgabe haben sich die europäischen Dom- und Münsterbauhütten verschrieben.

Hier werden die dafür nötigen, oft Jahrhunderte alten Techniken von Steinmetzen und Baumeistern bewahrt und gepflegt. Hier ist das Expertenwissen versammelt, wie traditionelle Handwerkskunst mit modernsten Verfahren in Einklang zu bringen sind.

Antrag wird in Paris abgegeben

Eine europäische Initiative will das Bauhüttenwesen zum immateriellen Kulturerbe der Unesco adeln. "Wir wollen damit zeigen, dass die Bauhütten seit dem Mittelalter Großes geleistet haben. Und wir gleichzeitig die aktuellen konservatorisch anspruchsvollen Aufgaben nur lösen können, wenn wir die nötige Anerkennung und finanzielle Unterstützung bekommen", so die Freiburger Münsterbaumeisterin Yvonne Faller.

Auf nationaler Ebene ist die Anerkennung in Frankreich, Österreich und Deutschland bereits erreicht. Und der entscheidende Schritt zur internationalen Anerkennung rückt näher: An diesem Mittwoch wollen die Münsterbaumeister und Steinmetze aus ganz Europa ihren Antrag persönlich bei der Weltkulturorganisation Unesco in Paris abgeben.

Deutschland seit 2013 dabei

Mit einer Entscheidung wird Ende 2020 gerechnet. Dabei ist die Liste des immateriellen Weltkulturerbes im Vergleich zum bekannteren, materiellen Welterbe verhältnismäßig jung. Die Unesco fördert seit 2003 auch den Erhalt von Alltagskulturen und Traditionen, Wissen und Fertigkeiten. Inzwischen sind der entsprechenden UN-Konvention mehr als 170 Staaten beigetreten. Deutschland ist seit 2013 dabei.

Und so sind Stand heute weltweit rund 500 Kulturformen auf der renommierten Liste eingetragen: von der Basler Fasnacht bis zum vietnamesischen Xoan-Gesang. Auf deutscher Ebene sind aktuell 88 Kulturformen und 9 sogenannte Gute Praxisbeispiele, darunter das Bauhüttenwesen, als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Auf dieser Liste stehen beispielsweise die deutsche Brotkultur, die schwäbisch-alemannische Fasnet oder die Falknerei. Der Unesco geht es um eine "Bestandsaufnahme der kulturellen Schätze eines Landes".

Mit direkten Preis- oder Fördergeldern ist der Titel nicht verbunden. Dennoch erhoffen sich die Dom- und Münsterbauhütten viel vom Unesco-Prädikat. So dokumentiere es gegenüber staatlichen Stellen und Geldgebern den kulturellen Wert von Handwerkskunst und Expertise rund um die Kathedralen, so der Vorsitzende der Europäischen Vereinigung, der Wiener Dombaumeister Wolfgang Zehetner: "Das Flair der großen Kirchen lebt von der Summe der Details. Es macht einen Unterschied, ob Steine und Figuren von Hand aus Stein gehauen sind - oder in Beton gegossen oder sogar per 3-D-Drucker ausgedruckt würden."


Peter Füssenich, Kölner Dombaumeister / © Opitz (KNA)
Peter Füssenich, Kölner Dombaumeister / © Opitz ( KNA )
Quelle:
KNA