Karl ter Horst versteckt Deserteure der US-Armee

Der Friedenspastor aus Schüttorf

 (DR)

Karl W. ter Horst arbeitet als Pastor. Viele Jahre ist er in der Friedensbewegung aktiv gewesen. Daneben hat der studierte Psychologe auch therapeutisch gearbeitet, geforscht und publiziert. Außerdem hat der Pastor aus Niedersachsen in ganz Europa ein geheimes Netzwerk sichererer Anlaufstellen aufgebaut für ehemalige GI aus der amerikanischen Armee - dazu fühlt er sich als Christ verpflichtet. Die Soldaten fliehen aus der Armee in die Illegalität und versuchen, sich außerhalb der USA dem Zugriff der Behörden zu entziehen - auch in Deutschland. Lesen und hören sie mehr über diesen beeindruckenden Pastor.


Von den Eltern Pazifismus gelernt
Karl ter Horst ist ein gebranntes Kind. Sein Vater ist nach dem Zweiten Weltkrieg mit schweren Verletzungen aus Russland heimgekehrt und später an den Folgen gestorben. „Meine Eltern waren gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik und haben mich zum Pazifisten erzogen", sagt der 56-jährige Pastor aus dem niedersächsischen Schüttorf.

Mit diesem persönlichen Hintergrund setzt er sich für US-Soldaten ein, die aus moralischen, ethischen oder religiösen Gründen den Kriegseinsatz verweigern. Er hilft den Deserteuren und versteckt sie bei Freunden oder an geheimen Orten im europäischen Ausland. „Über ein Netzwerk biete ich besonders den in Deutschland stationierten Soldaten psychologische, juristische und finanzielle Unterstützung an", sagt ter Horst. Bereits in den 70er Jahren engagierte sich der Pastor in einer Bürgerinitiative gegen einen Bombenabwurfplatz der Bundeswehr in Nordhorn.
Heute betreut ter Horst eine evangelisch-reformierte Kirchengemeinde mit 7000 Mitgliedern in Schüttorf in der Grafschaft Bentheim. Nebenher schreibt er Sachbücher. Jüngst erschien erstmals ein Roman aus seiner Feder: „Manhattan - In der Gewalt der Geheimdienste". Ter Horst: „Das Buch verbindet Fiktion und mein reales Leben." Folgerichtig komme der Erlös aus dem Buchverkauf der Deserteurshilfe zugute.

In den USA droht Festnahme
Dem US-Geheimdienst CIA traut der Pastor so ziemlich alles zu. Deshalb lässt er bei seiner Arbeit für die Kriegsdienstverweigerer große Vorsicht walten. „Wenn ich in die USA flöge, müsste ich wahrscheinlich mit Festnahme und Verhör rechnen. Wir müssen immer damit rechnen, dass Telefonate abgehört werden. Also finden wir Wege der Anonymisierung, um einen Treffpunkt zu vereinbaren oder einen Brief zu hinterlegen", berichtet ter Horst von den Vorsichtsmaßnahmen bei der Kontaktaufnahme mit Betroffenen.

„Am liebsten ist mir, die Soldaten gar nicht zu sehen, damit schütze ich mich selbst", sagt der Pastor. Auch über die Aufenthaltsorte der Deserteure wird Stillschweigen gewahrt. Ter Horst: „Nur der Deserteur, seine Familie und ich sind eingeweiht." Wenn jemand in einem fremden Land versteckt werde, sei die psychologische Betreuung am wichtigsten. „Das gilt auch für ihre Familien. Das biete ich an, damit sie nicht allein mit der Situation sind", sagt der Pastor, der dabei mit Netzwerken wie dem Verein „Connection" im hessischen Offenbach zusammenarbeitet.


Unterstützung aus der Bevölkerung
Juristische Hilfe wird durch das Military Counseling Network (MCN) in den Vereinigten Staaten vermittelt, finanzielle Unterstützung mit Spenden ermöglicht. Darüber hinaus erhält ter Horst nach eigenen Angaben viel Zustimmung aus privaten Kreisen: „Mir liegen 50 Angebote von Menschen vor, die Ferienhäuser oder Wohnungen zur Verfügung stellen würden."

Auf Angaben über die Zahl der Deserteure unter den etwa 70.000 in Deutschland stationierten US-Soldaten verzichtet der Pastor unter Hinweis auf die Nachforschungen des amerikanischen Geheimdienstes. Weltweit hätten nach Schätzungen von Unterstützernetzwerken bislang rund 9.000 GI's den Kriegseinsatz im Irak verweigert. Ter Horst: „Das sind Berufssoldaten, denen häufig eine Gefängnisstrafe droht. Die hauen nur aufgrund schwerer psychischer Belastung ab. Das geschieht zum Beispiel aus Panik davor, dass ein Kind erschossen wird. Ich kann nicht nachvollziehen, dass sich nicht noch viel mehr Soldaten verweigern. Eigentlich dürfte niemand in diesen Krieg gehen."

Der Pastor nennt beispielhaft den Fall des in Schweinfurt stationierten Agustin Aguayo, der vergeblich darum kämpfte, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt und aus der Armee entlassen zu werden. Nach seiner Flucht aus der Kaserne stellte er sich und wurde inhaftiert. „Besser mutig auf diese Weise, als Leib und Seele und das Leben anderer aufs Spiel zu setzen. Ich nehme jeden Menschen auf, der den Krieg verweigert", sagt der Deserteurshelfer. (von ddp-Korrespondent Holger Szyska)