Thomas Fuß vom Heimatverein Erftstadt-Gymnich hat sich mit dem Ursprung der Tradition des "Gymnicher Ritts" beschäftigt und kennt wie wohl viele Dorfbewohner die Geschichte dazu.
Nach einer alten Legende soll der Ritter "Arnoldus de Giminich" bei einem Kreuzzug in sumpfiges Gelände geraten sein und drohte dort zu versinken. Er flehte zu Gott und versprach als Dank für seine Rettung, jedes Jahr an Christi Himmelfahrt eine Prozession in seinem Heimatort abzuhalten. Als Ritter Arnoldus Gott um Hilfe rief, schreckte der Legende nach in der Nähe ein Schilfhuhn auf, was das Pferd so erschreckte, dass es mit einem großen Sprung auf sicheres Gelände gesprungen ist und damit den Ritter gerettet hat, fasst der Experte die Legende zusammen.

800 Jahre soll das her sein. Die Tradition hat sich bis heute gehalten und verbindet in Gymnich Menschen aller Altersklassen. Die Reiterprozession hat im Dorf einen sehr hohen Stellenwert. Auch in unruhigen Zeiten haben die Gymnicher es immer irgendwie geschafft, die Reiterprozession an Christi Himmelfahrt auf die Beine zu stellen, erklärt Fuß weiter: "Das sieht man zum Beispiel in den Zeiten des Nationalsozialismus. Da gab es Uniformverbote und die Gymnicher haben dann ihre Sonntagsröcke angezogen, sind trotzdem geritten und haben vorgegeben, nach ihren Feldern schauen zu müssen."

In Zeiten von Corona wäre der Ritt eigentlich auch nicht möglich gewesen. Da habe man ganz kleine Abordnungen von einigen Gymnicher Vereinen gebildet, die dann mit großem Abstand zueinander in ganz kleinen Gruppen diese Strecke geritten sind, so der Experte vom Heimatverein.
Prozession durch Ort und Felder
Die Prozession führt heute wie damals durch den Ort und über die Felder. Ein besonderes Erlebnis ist das auch für Joseph Pikos, Pfarrvikar in St. Kunibert in Erftstadt-Gymnich. Er war lange Pfarrer der Gemeinde und hat bei der Jubiläumsprozession nun wieder eine ganz besondere Aufgabe, denn seit 2007 ist er schon mit der Reliquie geritten. "Für mich ist das ein tiefes Glaubenserlebnis, in dem ich mit allen Pilgerinnen und Pilgern und Reitern versuche durch das Gebet ein Zeichen zu setzen, wie wichtig uns der Glaube auch in der heutigen Zeit ist", so der Geistliche.

Joseph Pikos hat das Reiten extra für den Gymnicher Ritt gelernt, als er damals neu in die Gemeinde kam.
Auch Thomas Fuß vom Heimatverein Erftstadt-Gymnich ist als Jugendlicher mit geritten. Er erinnert sich gerne an die Prozessionen, vor allem als er ganz klein war: Die besondere Atmosphäre, wenn das ganze Dorf auf den Beinen war und er sich am Fenster die Nase plattgedrückt hat, wenn der komplette Verkehr aus dem Ortskern an seinem Elternhaus vorbeigeleitet wurde, hat nachhaltig Eindruck hinterlassen. Natürlich war auch die Kirmes am Nachmittag für ihn als Kind sehr wichtig.
Thomas Fuß freut sich, dass er die Dorftradition schon an die nächste Generation weitergeben darf. Seine Tochter reitet bei der Jubiläumsprozession zum ersten Mal auf einem Pony mit. Er selbst wird die zwölf Kilometer lange Wegstrecke nebenher laufen.
Kardinal Woelki kommt zur Prozession
Die 800-Jahr-Feier hat schon Ende April mit einer Wanderausstellung mit alten Fotos von der Reiterprozession oder einem Konzert mit Kathy Kelly von der Kelly Family, die vor Jahren im Gymnicher Schloss gewohnt hat, angefangen.
"Der Gymnicher Ritt ist ein Fest der Generationen", sagt Pfarrvikar Joseph Pikos und "eine Stütze für die Erneuerung des Glaubens durch das Erinnern und das Näherbringen der verschiedenen Sitten und Traditionen, die schon über viele Generationen praktiziert und gelebt werden."
Er freut sich sehr darüber, dass der Kölner Erzbischof und andere Vertreter aus Kirche und Politik zum Jubiläum kommen und "gemeinsam mit den Pilgerinnen und Pilgern dieses Fest mit Gebet und Gesang tragen."
Wenn Rainer Maria Kardinal Woelki dann nach der heiligen Messe die Pilger, Reiter und Pferde gesegnet hat, wird auf der Kirmes weitergefeiert.