Kardinal Rodriguez ist neues Feindbild von Lateinamerikas Linken

Roter Zorn über den "Putsch-Kardinal"

Morddrohungen, Pressekampagnen und Missverständnisse: Der honduranische Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga steht wegen seiner Positionierung zum Staatsstreich in seinem Heimatland in der Kritik. Vor allem linksorientierte Medien in Lateinamerika haben sich auf den prominenten Kirchenmann eingeschossen: "Cardenal golpista - den Putsch-Kardinal" nennen die staatlich kontrollierten Blätter aus Venezuela oder Kuba den Erzbischof der Hauptstadt-Erzdiözese Tegucigalpa.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Kaum ein Tag, an dem nicht neue Gerüchte über den Vorsitzenden der Honduranischen Bischofskonferenz veröffentlicht werden. In Rekordzeit ist Rodriguez zum neuen Feindbild sozialistischer Presseorgane avanciert. Der Grund: Im Namen der Bischofskonferenz warnte er den gestürzten und außer Landes gebrachten Präsidenten Manuel Zelaya vor einer Rückkehr nach Honduras, um weitere Gewalt zu verhindern. «Er steht auf der Seite der Putschisten», werfen linke Kreise Rodriguez vor.

«Die Erklärungen des Kardinals sind kriminell. Er benutzt die katholischen Symbole, um das Volk zu terrorisieren», kommentiert die venezolanische Nachrichtenagentur ABN am Dienstag (Ortszeit) - und beruft sich dabei auf einen Vertreter der Kirche Venezuelas. Dabei hatte sich erst am Wochenende die Vollversammlung der Venezolanischen Bischofskonferenz eindeutig solidarisch mit ihren honduranischen Amtsbrüdern gezeigt.

Seit Tagen kursieren Meldungen, Rodriguez habe von einer Vorgängerregierung Zelayas monatlich 5.000 US-Dollar erhalten und sei ein Kollaborateur der Militärregierung der 80er Jahre gewesen.
Das schrieb das venezolanische Wochenblatt «Semana» und griff damit Meldungen auf, die bereits in Nicaragua die Runde machten. Auch auf Kuba wird Stimmung gemacht: «Mein Bischof erscheint mir eher wie ein Oberstleutnant als wie ein Priester», zitiert das Internetportal «Cubadebate» genüsslich einen im Exil tätigen honduranischen Priester. Es nennt Rodriguez einen der «lautesten Komplizen des Putsches».

Und die einflussreiche argentinische Tageszeitung «Clarin» titelte bereits in der vergangenen Woche, Rodriguez habe wegen seiner Unterstützung der Putschisten alle Chancen auf das Papstamt verloren und scheide künftig als potenzieller Nachfolger von Papst Benedikt XVI. aus.

Ganz gleich wie der Staatsstreich in Honduras ausgeht: Das durch einen Teil der Medien Lateinamerikas verbreitete Image eines militärfreundlichen Putschisten-Kardinals dürfte Rodriguez nachhaltig schaden. Auch persönlich hat die aggressive Berichterstattung für den Kirchenmann Konsequenzen: Die Tageszeitung «El Heraldo» berichtete zu Wochenbeginn, in den vergangenen Tagen habe es mehrere ernstzunehmende Morddrohungen gegen Rodriguez gegeben.

Dieser verteidigt wiederholt die Position der Kirche und weist Vorwürfe zurück, den Staatsstreich und Interimspräsident Roberto Micheletti unterstützt zu haben: «Es ist nicht die Wahrheit, dass wir Micheletti legitimiert haben», sagte er jüngst im Interview mit «El Clarin». Richtig sei dagegen, dass die Bischöfe des Landes darauf verwiesen hätten, dass der entmachtete Präsident Zelaya gegen die Verfassung verstoßen habe. Weder er noch die Kirche hätten die Ablösung des Präsidenten unterstützt.

Dass die Kirche von Honduras zudem die Art und Weise, wie Zelaya am 28. Juni durch eine Armee-Einheit außer Landes gebracht wurde, als verfassungswidrig kritisiert und dafür eine Erklärung der Übergangsregierung fordert, findet derweil keinen Niederschlag in Lateinamerikas linker Medienlandschaft.

Das beschäftigt den Kardinal offenbar auch persönlich, räumte er doch in einem Interview ein, dass ihn die Vorwürfe der Kritiker
träfen: «Es schmerzt, dass sie mich einen Putschisten nennen.» Rodriguez bleibt derzeit fast nur übrig, um Fairness zu bitten und die Berichterstattung über die Vorfälle als «einseitig» zu kritisieren. Fraglich aber, ob er damit Gehör findet.