Die Wirren in Honduras erinnern an blutige Vergangenheit

Das Gespenst der Bürgerkriege kehrt zurück

Ein Gespenst geht um in Mittelamerika: Die Ära der Putsche und Militärregierungen, der Guerilla-Armeen und Bürgerkriege, die seit fast zwei Jahrzehnten beendet schien, könnte mit den Polit-Wirren in Honduras zurückkehren.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
 (DR)

Spätestens seit der Benennung von Costa Ricas Präsident Oscar Arias als Friedensvermittler dämmert bei internationalen Beobachtern die Ahnung, dass vielleicht jemand den Film der politischen Entwicklung in dieser benachteiligten Weltgegend auf "Replay" gesetzt haben könnte. Wie vor 20 Jahren, als er schon einmal Präsident in Costa Rica war, will Arias erneut vermitteln, um rechte und linke Kampfhähne in der Nachbarschaft auseinanderzubringen.

Wie damals, als sich die Bürgerkriege vor allem auf Nicaragua, El Salvador und Guatemala konzentrierten, sind auch diesmal massive ausländische Interessen mit im Spiel. An die Stelle der Sowjetunion, die in den 80er Jahren via Kuba unter anderem die linken Sandinisten in Nicaragua unterstützte, ist nun eine neue Allianz getreten. Sie besteht vor allem aus Venezuela, der Heimat und Hochburg des neuen Chavez-Sozialismus, und dem immer noch kommunistischen Kuba. Aber auch Nicaragua, wo nach jahrzehntelanger Unterbrechung die Sandinisten wieder an der Macht sind, mischt erneut mit. Sie alle gehören dem von Hugo Chavez geführten und mit Petrodollars aus Caracas befeuerten Staaten- und Wirtschaftsbündnis Bolivarische Allianz für Amerika (ALBA) an.

Als der demokratisch gewählte honduranische Präsident Manuel Zelaya im vergangenen Jahr den Anschluss seines völlig verarmten Landes an die internationale Links-Allianz betrieb, schrillten bei der bürgerlichen Opposition innerhalb seiner Liberalen Partei bereits die Alarmglocken. Aber dank der Petrodollars, die ALBA versprach, hielt sich der Widerstand in Grenzen.

Als Zelaya nun ziemlich unverblümt eine Volksabstimmung vorbereitete, um sich nach Chavez' Vorbild eine zweite Amtszeit zu ermöglichen, damit die Verfassung außer Kraft zu setzen und nach venezolanischen Vorbild umzugestalten, hatte er aus Sicht seiner konservativen Gegenspieler den Rubikon überschritten. In seltener Einmütigkeit beschlossen Parlament, Verfassungsgericht und Streitkräfte, Zelaya abzusetzen und - nun ihrerseits die Verfassung brechend - ihn außer Landes zu schaffen. Seither stehen sich Anhänger und Gegner Zelayas in erbittertem Zorn gegenüber; ein offener Bürgerkrieg droht.

Manches erinnert an die Mittelamerika-Szenarien der späten 1970er und frühen 80er Jahre. Die katholische Kirche, allen voran der eigentlich ziemlich progressive Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga, hat sich - ähnlich wie bei früheren Mittelamerika-Konflikten - auf die Seite des Status Quo geschlagen. Sie warnte Zelaya davor, den Bogen zu überspannen und zum jetzigen Zeitpunkt nach Honduras zurückzukehren, um seine Präsidentenrechte durchzusetzen. Dafür handelte sich der Kardinal von links den Vorwurf ein, er stehe «auf der Seite der Putschisten».

Ähnlich wie in früheren Bürgerkriegsszenarien ist aus Sicht der Radikalen die flehentliche Bitte der Kirchenoberen, den Frieden als höchstes Gut zu wahren, ein Einknicken: So als ob die Kirche bewusst jenen Kräften nachgäbe, die eine sozialistische Veränderung des Landes verhindern wollen. Je nachdem, wie das Ringen um die Macht ausgeht, könnte sich der Kardinal von Honduras eines Tages in einer ähnlichen Position wiederfinden wie Kardinal Miguel Obando Bravo, der in Nicaragua lange Zeit einer der erklärten Lieblingsfeinde der Sandinisten war.

Doch einiges ist auch anders als früher. So stehen heute die USA nicht auf der Seite der konservativen Putschisten - und das, obwohl Zelaya zum antiamerikanischen Chavez-Lager zählt. Da der Konflikt diesmal wohl kaum zu einem Stellvertreterkrieg zweier Supermächte eskalieren wird, spricht Vieles dafür, dass die Aufgabe für Vermittler Oscar Arias jetzt einfacher wird als 1987. Damals gelang es ihm beim legendären Gipfeltreffen von Esquipulas mit dem nach ihm benannten Friedensplan, den schier unentwirrbaren Knoten von rechter und linker Gewalt sowie nationalen und internationalen Interessen in Nicaragua, El Salvador und Guatemala zu entwirren. Er erhielt dafür den Friedensnobelpreis.