Kardinal Pell wird 70 und kündet vom Ende der liberalen Agenda

Der Klimawandler

Er gehört zu den betont konservativen Köpfen im Weltepiskopat: George Kardinal Pell, Erzbischof von Sydney - ausgerechnet der Hauptstadt des australischen Libertinismus. Von hier meldet er sich regelmäßig mit kontroversen Statements über Themen wie Homosexualität, Missbrauch, Bioethik und Umwelt zu Wort.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
 (DR)

Als Papst Johannes Paul II. George Pell 1996 zum Erzbischof von Melbourne ernannte, war der australische Episkopat durch und durch liberal. 15 Jahre später, zu Pells 70. Geburtstag am Mittwoch, weht Down under ein anderer Wind - und der Erzbischof, seit 2003 auch Kardinal, darf das "Ende der liberalen Agenda" reklamieren: "Der in die Jahre gekommene liberale Flügel der Kirche, der die Diskussion nach dem Konzil und oft auch die Bischöfe und die Kirchenbürokratie dominiert hat, hat bei den jungen, praktizierenden Katholiken, bei Priestern und bei Ordensleuten keine Nachfolger mehr", zitiert ihn das "PURmagazin". Pell, der Klimawandler, wird 70 - und noch kein bisschen leise.



Geboren 1941 in Ballarat im Bundesstaat Victoria, wurde Pell mit 25 Jahren zum Priester geweiht. Sein Weiterstudium in Rom und Oxford führte ihn zur Promotion im Fach Kirchengeschichte - und als Historiker argumentiert er auch im politischen und naturwissenschaftlichen Diskurs. Nach mehreren Stationen in Seelsorge und Hochschule ernannte ihn Papst Johannes Paul II. 1987 zum Weihbischof und 1996 zum Erzbischof in Melbourne.



Vertreter der rechtgläubigen Lehre

Eine feine Karriere, könnte man meinen. Doch für den Kulturkämpfer Pell konnte die elegante und fleißige Wirtschaftsmetropole nur eine Zwischenstation sein. Im März 2001 wurde er nochmals befördert: nach Sydney. Mehrfach wurde Pell, der zu den betont konservativen Köpfen im Weltepiskopat gehört, für noch höhere Ämter ins Spiel gebracht. Als Mitglied der Römischen Glaubenskongregation (1990-2000) gehörte er zu den engsten Beratern des damaligen Präfekten Joseph Ratzinger, heute Papst Benedikt XVI. Unter den Kandidaten für dessen Nachfolge im Amt des Präfekten wurde 2005 auch sein Name genannt.



Immerhin: Für den Weltjugendtag 2008 bekam Pell vom Vatikan den Zuschlag für den Austragungsort Sydney. Das Hafenbecken mit Harbour Bridge und Opernhaus war eine spektakuläre Kulisse für das katholische Großevent. Die 68er-Generation und ihre Nachfolger hätten die Kirchen regelrecht geleert und die Jugendlichen zurückgedrängt, erklärt der Kardinal. Doch nun werde die jüngere Generation von der rechtgläubigen Lehre angezogen, und jene Orden und Priesterseminare, die sich daran hielten, seien auch voll.



Neue Generation von Hirten

Dabei setzt er auch auf eine neue Generation von Hirten. Sein früherer Weihbischof Anthony Fisher (51) etwa, einer der Protagonisten des Weltjugendtages und mittlerweile Bischof von Paramatta, steht für den Klimawandel pellscher Prägung. Und auch der jüngste Eklat in der australischen Kirche ist Wasser auf die Mühlen des Kardinals: Der Bischof von Toowoomba, William Morris (67), wurde vom Papst seines Amtes enthoben. Hintergrund war ein Vorschlag von Morris, angesichts des dramatischen pastoralen Notstands in seiner Diözese über verheiratete Priester und eine Wiederaufnahme von suspendierten Geistlichen nachzudenken.



Auch Pell provoziert mit seinen Positionen Widerspruch - am augenfälligsten in Umweltfragen; ein Thema, bei dem er sich als notorischer Zweifler an einem menschengemachten Klimawandel präsentiert. Die Wetterphänomene seien auf Veränderungen zurückzuführen, die auch auf anderen Planeten zu beobachten seien.



Kein Freund der Umweltschützer

Umweltschützern wirft Pell vor, ihre "moralisierenden Ziele anderen durch eine Angstkampagne aufzwingen" zu wollen. Offenbar müssten Heiden immer vor irgendetwas Angst haben und vermeintlich launische oder grausame Götter durch Opfer besänftigen - früher mit Schlachttieren und heute eben mit einer Reduzierung von CO2-Emissionen.



Dem australischen Radiosender ABC sagte Pell: "Ich habe irgendwo gelesen, dass die Temperaturen auf dem Mars um 0,5 Grad gestiegen sind. Also, auf dem Mars kann dafür der militärisch-industrielle Komplex nicht verantwortlich gemacht werden." Der Leiter des australischen Wetteramtes, Greg Ayers, wollte den Kardinal gar bei einer Tour zu Forschungsprojekten durch das Land überzeugen. Doch beim Klimawandel hat der seine festen Vorstellungen.