Kardinal Meisner feiert sein Kardinalatsjubiläum

Ein Vierteljahrhundert in Purpur

Er gehört zu den bekanntesten Bischöfen in Deutschland und steht einer der einflussreichsten Erzdiözesen vor. Bevor Papst Johannes Paul II. ihn zum Kölner Erzbischof ernannte, war Joachim Meisner zunächst Weihbischof in Erfurt und dann Bischof von Berlin. domradio hat den Kardinal aus Anlass seines Jubiläums interviewt und auch mit seinem Generalvikar Dr. Schwaderlapp und dem Berliner Weihbischof Weider gesprochen. In der Bildergalerie finden sie über 80 Bilder des Erzbischofs aus den vergangenen Jahren.

 (DR)

Meisner wurde 1933 in Breslau geboren, wo er zum Ehrendomherr der Kathedrale ernannt wurde. Sein Vater fiel im Zweiten Weltkrieg. Nach der Flucht aus Schlesien lebte die Mutter mit vier Söhnen seit 1945 in Körner bei Mühlhausen in Thüringen.  Nach einer Banklehre und dem Abitur in Magdeburg studierte Meisner ab 1956 Philosophie und Theologie in Erfurt. 1962 empfing er dort die Priesterweihe und wurde 1975 Weihbischof. 1980 folgte die Ernennung zum Bischof von Berlin, drei Jahre später die Erhebung zum Kardinal.

1989 trat Meisner die Nachfolge von Kardinal Joseph Höffner als Erzbischof von Köln an. Seit seiner Zeit als Erfurter Weihbischof bemüht er sich intensiv um die Aussöhnung mit Polen, Tschechen und Slowaken. Dieses Engagement setzt der Kardinal an führender Stelle im Osteuropa-Hilfswerk der deutschen Katholiken "Renovabis" fort.

Mitglied der Bischofskongregation
Auf Ebene der Weltkirche gehört der Kardinal seit 1995 der Bischofskongregation an, die den Papst bei der Ernennung von Bischöfen in allen Kontinenten berät. Er ist Mitglied der vatikanischen Kongregationen für Gottesdienst und Sakramentenordnung sowie für den Klerus. Darüber hinaus wurde er in die Päpstlichen Räte für die Kultur und den interreligiösen Dialog, für die Interpretation von Gesetzestexten, in die Präfektur für die Wirtschaftsangelegenheiten des Heiligen Stuhls sowie in den Kardinalsrat zum Studium der organisatorischen und wirtschaftlichen Fragen des Vatikan berufen.

Ehrungen
Kardinal Meisner erhielt 1996 die Ehrendoktorwürde der Universität Breslau und 2005 die der Katholischen Universität Lublin. Er ist Ehrenbürger von Trzebnica (dt. Trebnitz, Polen) und Levoca (dt. Leutschau, Slowakei). 1998 erhielt Meisner den Orden des Weißen Löwen III. Klasse der Tschechischen Republik und 2003 das Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und Schulterband.

Die Kölner Jahre
Ihm sei "schwarz vor den Augen geworden", bekennt Kardinal Joachim Meisner, als ihn 1988 der Ruf des Papstes erreicht habe, von der Spree an den Rhein zu wechseln. Mehrfach habe er den Heiligen Vater gebeten, von seiner Berufung nach Köln abzusehen.  Doch als der Papst bei seiner Entscheidung blieb, sei er ihr "ohne zu zögern" gefolgt, sagt Meisner, der am Sonntag sein Kardinalatsjubiläum feiert. Aus der "Muss-Ehe" zwischen Hirten und Herde wurde dann aus seiner Sicht überraschend schnell eine Liebesheirat.

Nach Schlesien, wo seine Wiege stand, Thüringen, wo er der Kirche vom Kaplan bis zum Weihbischof diente, Berlin, wo er in der geteilten Stadt mit einem kirchenfeindlichen Regime für den Lebensraum der kleinen Herde stritt und dafür den Kardinalspurpur bekam, sei nun Köln die vierte "wirkliche Heimat" geworden. Dass Kardinal Meisner dem Ruf des Papstes folgte, konnte niemanden überraschen, der ihn kennt. Unbedingte Loyalität zum Nachfolger Petri ist für ihn geradezu Ausweis des bischöflichen Amtes. Dass es darüber hinaus starke Affinitäten zwischen beiden Persönlichkeiten gibt, deren Geburtsorte - Wadowice und Breslau - gar nicht so weit voneinander entfernt liegen, zeigt sich in vielem. In Fragen der Lehre und des Kirchenverständnisses sowie deren hierarchischer Ordnung ähneln beide einander ebenso wie in ihrer bewahrenden Grundhaltung, ihrer ausgeprägten Marienfrömmigkeit und ihrem Zugang zu den Menschen. Und so scheut sich Meisner auch nicht, auf die Frage nach seinem Vorbild ohne Zögern die Antwort zu geben: "Papst Johannes Paul II."

In den Jahren seines Dienstamtes als Kölner Erzbischof hat Meisner sein Bild von Kirche und Amt mit deutlichen Konturen versehen. Er, der in Ost und West, wenn auch unter völlig anderen Vorzeichen, Kirche nie anders erlebte, als dass ihr "der Wind ins Gesicht geblasen hat", sieht im Widerstehen deshalb auch eher den Weg der Kirche als in der stromlinienförmigen Anpassung. In Sachen Zölibat, Vorbehaltung des Priesteramtes für Männer und kirchlicher Sexualmoral bleibt er fest. Auch wenn Kritik aus den eigenen Reihen und mit theologischer Argumentation daher kommt, lässt ihn das nicht schwankend werden: "Theologische Spitzfindigkeiten haben noch keinen zum Glauben und damit zum Heil geführt", ist er überzeugt. Im Gegenteil: "Je näher man an Gott heranreicht, desto einfacher kann man es sagen." Er sagt es in einer Sprache ohne intellektuelles Filigranwerk, wie man es von seinem Vorgänger Joseph Höffner gewohnt war, dem Professor auf dem Bischofsstuhl. Meisner spricht einfach, oft in Bildern.  Darin gleicht er seinem populären Vor-Vorgänger Josef Frings, auch wenn er dessen Volkstümlichkeit nie erreicht hat.  Denjenigen, die ihn einen Fundamentalisten nennen, hält er mit entwaffnender Offenherzigkeit vor: "Im Grunde müsste man stolz darauf sein, fundamental zu denken." Kompromisse sind ihm daher auch nach draußen ein Gräuel: Wenn es um Glauben, Grundrechte und -werte und katholische Sitte und Moral geht, ist Meisner kompromisslos.

Christliche Botschaft und "Klugheit der Welt" decken sich für ihn selten, und das immer wieder deutlich gemacht zu haben, hat ihn zu einem der markantesten Kirchenmänner in Deutschland gemacht.  In der Weltkirche ist er das ohnehin. Besonders ist natürlich sein Urteil gefragt, wenn es um die Verhältnisse im ehemaligen Ostblock geht. Hier hatte er sich schon als Bischof von Berlin besonders um die Aussöhnung mit Polen, Tschechen und Slowaken bemüht. In Rom ist er als enger Berater des Papstes gefragt - als Mitglied der Bischofs-, der Gottesdienst- und Sakramenten- sowie der Kleruskongregation und Päpstlicher Räte. Im Eintreten für Christi Reich in Köln, Deutschland und in der Welt steht er an vorderster Front. Auch wenn der Kirche der Wind immer öfter ins Gesicht blasen mag. Für ihn, der Gott auf seiner Seite weiß, gibt es so etwas wie Entmutigung nicht: "Unsere Hoffnung für Euch steht fest", lautet schließlich sein bischöfliches Motto.

Höhepunkt: Weltjugendtag und deutscher Papst
Als größtes Ereignis in der Geschichte des Erzbistums Köln hat Meisner den Weltjugendtag im August 2005 gewürdigt. Allen Untergangspropheten in und außerhalb der Kirche zum Trotz habe sich in Köln eine junge Kirche mit einer inneren Vitalität gezeigt, die die Herzen vieler Menschen verwandelt habe. Das Treffen sei von einer Jugend geprägt gewesen, "die sich wieder niederknien konnte, um den Herrn anzubeten". Daraus sei eine tiefe Glaubensfreude erwachsen, so Meisner.

Mit Blick auf die Wahl von Papst Benedikt XVI. sprach der Kardinal von einer "Gnade Gottes" für die Kirche und besonders auch für die Erzdiözese Köln. Er erinnerte daran, dass Joseph Ratzinger an der Universität Bonn gelehrt und den Kölner Kardinal Joseph Frings beim Zweiten Vatikanischen Konzil beraten hatte.