Kardinal Meisner erinnert die Unionsparteien an die christliche Herkunft in ihrem Namen und die damit verbundenen Verantwortungen

Das "C" als Verpflichtung und Maßstab

Das christliche Menschenbild ist nach Ansicht von Joachim Kardinal Meisner für viele Politiker "offenbar zur bloßen Formel verkommen". Daher wendeten sich deutsche Bischöfe "immer wieder auch sehr konkret und direkt" an die Parteien, heißt es in einem Beitrag des Kölner Erzbischofs für die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Montag.

 (DR)

"Es geht um den Schutz eines 'Markenzeichens', das insbesondere die C-Parteien nicht selbst erfunden haben, aber ganz selbstverständlich benutzen." Vor wenigen Monaten war es zwischen Unionspolitikern und dem Kardinal zum wiederholten Mal zum Streit wegen des christlichen Profils der C-Parteien gekommen.

Die Kirchenbeauftragte der Fraktion, Ingrid Fischbach, nannte damals die Äußerungen "völlig unverständlich". Kritik kam auch von Unions-Fraktions-Vize Wolfgang Bosbach und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Andere CDU-Politiker zeigten hingegen Verständnis für Meisners Vorbehalte.

Der Kardinal schreibt nun, Bibel und christlicher Glaube enthielten zentrale Vorgaben für die Politik; sie beträfen vor allem die Würde und das Lebensrecht des Menschen. Diese seien "unverhandelbar, für jede Partei und für jeden Staat, der beansprucht, ein Rechtsstaat zu sein". Allerdings könne niemand ernsthaft behaupten, dass sich aus der Bibel ein Parteiprogramm oder parteipolitische Anweisungen eins zu eins ableiten ließen. "Parteien, die dies immer wieder versuchten, sind bisher in unserem Land ohne Erfolg geblieben, und das hat sicher seinen guten Grund", so der Kardinal.

"Es geht um die Konsequenzen des 'C'"
Nach seinen Worten kann christlich sich nur nennen, was sich auf Christus beziehe. Wer immer sich also als christlich bezeichne, hole sich damit Christus ins Haus: "Damit holt er sich Gott selbst ins Haus, und mit ihm auch all jene, mit denen dieser sich identifiziert: Schwache, Kleine, Ausgegrenzte, Ungeborene, Abgeschriebene, die sich nicht wehren können." Sie würden "Hausgenossen" und müssten daher auch berücksichtigt werden bei allem, was entschieden werde. Meisner wörtlich: "Denn die Berufung auf das Christliche erfüllt sich nicht schon in einem bloßen Gutmenschentum, und das Christliche ist niemals harmlos." Es gehe um die Konsequenzen des "C" für die praktische Politik. Dass sich auch Nichtgetaufte in einer solchen Partei engagierten, stehe "dazu keineswegs im Widerspruch".

Der Kölner Kardinal kritisierte, in der politischen Praxis komme das häufig angesprochene "christliche Menschenbild" oft zu kurz: "Wie kann es sein, dass vor einigen Monaten in der Entscheidung des Bundestages über das Stammzellgesetz sowohl Gegner als auch Befürworter der embryonalen Stammzellforschung meinten, sich auf dasselbe christliche Menschenbild berufen zu können, bedauerlicherweise sogar bis in die evangelische Kirche hinein?"

Appell an die Laien
Wörtlich schreibt Meisner: "An jenem politischen Schritt müssen sich die C-Parteien auch weiterhin messen lassen, und sie müssen es sich gefallen lassen, dass der dazugehörige Maßstab eben nicht von ihnen selbst festgelegt wird, sondern aus den Wahrheiten und Normen des Christentums heraus, die vorgegeben sind." Nach Meisners Worten kann die Kirche nicht schweigen, sollte das christliche Menschenbild angegriffen werden; dies gelte am Beginn des irdischen Lebens ebenso wie am Ende.

Auf der anderen Seite müsse die Kirche verkünden, dass sich ihre Botschaft nicht auf humanitäre oder kulturelle Funktionen reduzieren lasse. Auch das müsse gerade den Politikern, die sich zum Christentum bekennen, bewusst sein. Die christlichen Laien ermunterte der Kardinal, sich wieder stärker in die Politik einzubringen.