Ingrid Fischbach im domradio-Interview

Nach der Unions-Kritik von Kardinal Meisner

Der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner geht weiter auf Distanz zur CDU. Am Donenrstag kritisierte der Kardinal im Magazin "Capital", die CDU entwurzele sich "bei christlich denkenden Menschen zunehmend selbst". Harte Vorwürfe - hören Sie dazu im domradio-Interview Ingrid Fischbach, die Beauftragte für Kirchen- und Religionsgemeinschaften der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

 (DR)

domradio: Muss die Union nun nach der Kritik des Kardinals ihr "C" aus ihrem Namen streichen?

Ingrid Fischbach: Ich glaube, da bedarf es etwas mehr als der Kritik des Kardinals, um unser "C" aus unserem Parteinamen zu streichen. Aber ich glaube der Kardinal verwechselt hier etwas. Er setzt das "C", das für Christlich steht, immer mit katholisch gleich. Wir sind eine Volkspartei und wir sind nicht nur katholische Abgeordnete und Parteimitglieder, sondern wir haben auch evangelische Mitglieder. Und wenn wir an die ein oder andere politische Entscheidung denken, dann sehen wir, dass die beiden großen Kirchen unterschiedlich aufgestellt waren.

domradio: Dass Joachim Kardinal Meisner die Union kritisiert, ist ja nicht das erste Mal passiert. Er hat schon vorher die von der Union mitgetragene Bundestagsentscheidung zur Ausweitung der Forschung an embryonalen Stammzellen scharf kritisiert. Driften Union und Katholische Kirche tatsächlich immer weiter auseinander?

Ingrid Fischbach: Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass wir nicht weiter auseinander driften, weil auch die Äußerung von Kardinal Meisner in regelmäßigen Abständen kommen. Ich sehe sie immer als einen kleinen Piekser, aber mittlerweile hat das einen "Hoh" erfasst, wo ich auch schon etwas traurig bin, weil das eigentliche Gespräch nicht gesucht wird. Und das führe ich mit vielen anderen Bischöfen, auch der katholischen Kirche, und kann nicht feststellen, dass wir sehr weit auseinander driften.

domradio: Trotzdem gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen, zum Beispiel beim Lebensschutz und embryonaler Stammzellforschung. Teile der Katholischen Kirche stehen auch dem modernisierten Familienbild der Union eher skeptisch gegenüber - gleichzeitig lobt der Kardinal den Umgang früher mit der Berliner SPD oder den Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen - verliert die Union mit der Kirche nicht eine wichtige Unterstützerin?

Ingrid Fischbach: Darf ich zurückfragen? Verliert die Kirche mit der Union nicht eine wichtige Unterstützerin? Ich glaube, wir sind schon bei den wichtigen Fragen, bei denen es um Ethik, Würde und Lebensschutz geht, sehr stark aufeinander angewiesen - und bisher klappt das wirklich gut. Wir arbeiten sehr gut zusammen, wir unterstützen uns gegenseitig. Das Stichwort Stammzellforschung, da kann ich nur sagen, da waren sich die beiden großen Kirchen nicht einig. Und so wie ich mich auf meine Bischöfe bezogen habe, als Katholikin, haben sich meine evangelischen Kollegen dann auch auf ihren Bischof bezogen, der für eine Freigabe war. Also da muss man schon aufpassen.
Auch beim Familienbild, auch bei der Kirche vor Ort. Wenn ich in die einzelnen Gemeinden gehe und mit den einzelnen Pastoren spreche, sehe ich, dass sich die Lebenswirklichkeit etwas verändert hat. Und auch die Kirche tut gut daran, diese neuen Lebensumstände wahrzunehmen und auch darauf Antworten zu geben.

domradio: Jetzt gibt es ja diese Zusammenstöße zwischen hohen katholischen Würdenträgern und der Union relativ regelmäßig. Kann es denn irgendwann einen Punkt geben, an dem sich beide nichts mehr zu sagen haben?

Ingrid Fischbach: Das hoffe ich nicht, also von unserer Seite kann ich sagen: Wir sind als Politiker daran gewöhnt, immer das Gespräch zu suchen, wir sind auch immer gesprächsbereit. Und ich würde mich wirklich mal freuen, wenn Kardinal Meisner einen Großteil seiner katholischen Kollegen aus dem Bundestag aus gesamten Bundesgebiet, mal zum Gespräch einladen würde. Ich glaube, da würde sich manches dann auch klären.

domradio: Weiter hat der Kölner Erzbischof gesagt, dass es beim derzeitigen Zustand der Parteien keine gebe, die der Kirche besonders nahe stehe - sehen sie eine Gefahr, dass sich Teile der Kirche aus der politischen Diskussion zurückzieht?

Ingrid Fischbach: Das sehe ich nicht, als Kirchenbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion führe ich sehr viele Gespräche. Und das, was hier nicht öffentlich, also nebenher passiert, das ist eine ganze Menge. Der Austausch ist sehr rege und der ist auch sehr wichtig. Und ich glaube nicht, dass die gesamte katholische Kirche und damit auch die Deutsche Bischofkonferenz das genauso sehen wie Kardinal Meisner. Die Gespräche finden statt, der Austausch ist da und der ist richtig und wichtig und wird auch zukünftig da sein.