Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat vor dem Erstarken nationalistischer Kräfte weltweit gewarnt.
Wenn solche Kräfte, die Unterdrückung statt Dialog einforderten, sich durchsetzten, führe das in der Konsequenz zu "Vergeltung und Rache, neuem Leid, neuen Kriegen", sagte der Erzbischof von München und Freising laut seiner Pressestelle am Sonntag bei einem Gottesdienst in der Münchner Jesuitenkirche Sankt Michael.

Die Zeit des NS-Regimes habe gezeigt, dass es "im Nationalismus, im Antisemitismus, im Rassismus keine Freude gibt, nur einen Triumph, der nicht nachhaltig ist", mahnte der Kardinal.
Marx äußerte sich anlässlich des 80. Todestags des Jesuitenpaters Alfred Delp, der von den Nationalsozialisten wegen seines Widerstands gegen das NS-Regime hingerichtet worden war.
Appell zum Bezeugen der Freiheit
Marx rief die Gläubigen dazu auf, in Nachfolge Delps zu "Zeuginnen und Zeugen der Freiheit" zu werden. Dabei gehe es "nicht um eine Gruppe oder eine Partei, sondern um das Denken aller Menschen, auch unser eigenes. Es kann auch in uns selbst stecken, Macht auszuüben und den anderen zu unterdrücken."

Um dem entgegenzuwirken, riet der Kardinal, "stets selbstkritisch zu bleiben. Dann werden wir immer wieder Wege finden, um zueinander Brücken zu bauen." Marx betonte, die "Erkenntnis, dass alle Menschen Brüder und Schwestern sind", sei "keine politische Erkenntnis", sondern gehöre vielmehr zum christlichen Glaubensbekenntnis.
Alfred Delp, geboren 1907 in Mannheim und als Gymnasiast zum katholischen Glauben konvertiert, trat 1926 in den katholischen Jesuitenorden ein. Er wirkte unter anderem als Redakteur bei den "Stimmen der Zeit", der Monatszeitschrift der Jesuiten in München, und stand in Kontakt zur Widerstandsgruppe "Kreisauer Kreis".
Im Juli 1944 wurde Delp, der nach dem Verbot der "Stimmen der Zeit" Kirchenrektor der Kirche Sankt Georg in München-Bogenhausen geworden war, verhaftet und des Hochverrats angeklagt. Am 2. Januar 1945 richteten die Nazis den Ordensmann im Alter von 37 Jahren in Berlin hin.