Kardinal Marx ruft zu Kampf um freie Gesellschaft auf

"Religion ist ein Zukunftsthema"

Kardinal Reinhard Marx rechnet in der westlichen Welt mit zunehmenden Auseinandersetzungen um Demokratie und eine freie Gesellschaft. Er sei überzeugt, dass das Ringen darum in vollem Gange ist, sagte Marx.

Reinhard Kardinal Marx / © Arne Dedert (dpa)
Reinhard Kardinal Marx / © Arne Dedert ( dpa )

"Ich warne davor zu denken, es sei selbstverständlich, wie wir leben. Ausgemacht ist das nie." Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz rief die Christen auf, sich an den Debatten zu beteiligen, und warnte zugleich vor einem "Weltanschauungsstaat", der alles regeln wolle.

Religion ein Zukunftsthema

Man unterschätze, welche Voraussetzungen eine Gesellschaft von Freiheit und Verantwortung brauche, um lebensfähig zu bleiben, fügte der Münchner Erzbischof am Dienstagabend in Erlangen hinzu. Er zeigte sich befremdet über einen "gewissen antiwestlichen Ton" in den Diskussionen. Von manchen werde die liberale Gesellschaft offenkundig als Unglück gesehen, unterstrich Marx. "Wir müssen uns darüber verständigen, was verkehrt gelaufen ist, und darüber, was wir wollen."

Die Gläubigen sollten sich "ohne pessimistischen Grundton" in die Diskussion um die Zukunft der Gesellschaft einmischen, verlangte der Kardinal. Es werde nicht möglich sein, "Religion auszuklammern und zum Verschwinden zu bringen". Religion sei ein Zukunftsthema, an dem man nicht vorbeikomme. Marx äußerte sich im Rahmen einer Vorlesungsreihe an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen unter dem Titel "Monotheismus und Pluralität". Von den rund 150 Zuhörern erhielt er lebhaften Beifall.

Liberale Gesellschaft brauche Werte

Ein moderner Staat sollte säkular und weltanschaulich neutral sein, aber nicht indifferent, ergänzte der Bischofskonferenz-Vorsitzende. Er warnte zugleich vor übertriebener Regelungswut. So müsse der Staat etwa nicht klären, was Ehe heißen dürfe und was nicht. "Man muss aufpassen, dass der Staat nicht zu einem übergriffigen Weltanschauungsstaat wird." Marx wandte sich zugleich strikt gegen eine Instrumentalisierung von Religion.

Eine liberale Gesellschaft kann nach Überzeugung des Münchner Erzbischofs nicht ohne Werte auskommen: "Ja zur Freiheit, aber nicht zur ungebundenen Freiheit. Dann landet man im moralischen Nirgendwo." In einer freien Gesellschaft müsse es zudem möglich sein, mit Überzeugungen und Wahrheiten aufzutreten, "ohne dass man vom Podium gezogen wird". Marx warb zudem für Toleranz in öffentlichen Debatten: "Den anderen als anderen anerkennen. Sonst bleibt es eine kalte Toleranz, die sehr schnell umschlägt in Aggression."


Quelle:
KNA