Kardinal Kasper wirbt für Klärung offener Fragen des Konzils

Wichtige Punkte angehen

Nach den Worten von Kurienkardinal Walter Kasper ist das Zweite Vatikanische Konzil unabgeschlossen geblieben. Viele Fragen seien weiter offen, etwa in Bezug auf die Synodalität in der Kirche und die Rolle der Frauen.

Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Walter Kasper, emeritierter Kurienkardinal / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Kasper äußerte dies in einem Interview-Podcast des Bayerischen Rundfunks. Das habe der emeritierte Papst Benedikt XVI. (1927-2022), der selbst als junger Theologe an dem Konzil mitwirkte, am Ende seines Lebens vielleicht nicht mehr so gesehen. Andererseits gebe es natürlich auch nachfolgende "Theologien", die das Vatikanum gar nicht mehr ernst nähmen.

Synodalität und die Rolle der Frauen

Die offenen Fragen sieht Kasper etwa in Bezug auf die Synodalität in der Kirche und die Rolle der Frauen. "Wir können da nicht stehenbleiben." Das Konzil liege mittlerweile ein halbes Jahrhundert zurück: "Wir müssen auch den Mut haben weiterzugehen." Von einem alten Menschen, der "das Alte" mitgestaltet habe, habe man auch nicht unbedingt verlangen können, dies alles mitzuvollziehen, merkte der im März 90 Jahre alt werdende Kardinal hinsichtlich des Denkens von Benedikt XVI. an. Deshalb habe dieser in seiner Amtszeit auch "sehr bremsend" eingegriffen.

Männersache: Zweites Vatikanisches Konzil (KNA)
Männersache: Zweites Vatikanisches Konzil / ( KNA )

Für Benedikt gab es laut Kasper "zwei Vatikanums". Das "seine" sei jenes in der Konzilsaula gewesen, das andere jenes, das die Journalisten daraus gemacht hätten. Als Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst sei Joseph Ratzinger immer bei einer wörtlichen Interpretation geblieben. Obwohl das Verhältnis von Benedikt und Franziskus "sehr freundschaftlich" gewesen sei, gebe es einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden: Bei Benedikt sei stets die Lehre im Vordergrund gestanden, bei Franziskus sei es das Evangelium.

Theologisches Werk Benedikts XVI. keine "Zeitenwende"

Was die Bewertung des theologischen Werks von Ratzinger/Benedikt XVI. betrifft, kann nach Ansicht Kaspers nicht von einer Zeitenwende gesprochen werden. "Große Durchbrüche" sieht er darin nach eigenen Worten nicht. Aber in der nachkonziliaren Zeit habe Ratzinger einen großen Einfluss gehabt, auf viele Leute beruhigend gewirkt und mitgeholfen, den Glauben besser zu verstehen. Das gelte auch für seine späten "Jesus-"Bücher, wenngleich Exegeten bei diesen durchaus Einwände gehabt hätten.

Feierliche Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962 in der Peterskirche, die als Konzilsaula diente. / © Ernst Herb (KNA)
Feierliche Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils am 11. Oktober 1962 in der Peterskirche, die als Konzilsaula diente. / © Ernst Herb ( KNA )

Kritisch äußerte sich der Kardinal zu manchen "Fans" von Benedikt, die schon in den vergangenen Jahren ihn für sich "vereinnahmt" und für "ihre Sache" instrumentalisiert hätten. Dabei unterschätzten sie die Komplexität seines Denkens. "Ich würde sagen, weder die einzelnen Fans noch die allzu harschen Gegner haben Benedikt richtig verstanden." Dieser sei vielfältiger gewesen, als sich beide Seiten dachten. Er selbst habe Benedikt im privaten Gespräch durchaus offen für Probleme erlebt. Dieser habe sie auch ernst genommen. In seinen öffentlichen Stellungnahmen sei es dann "oft leider anders rübergekommen".

Zweites Vatikanisches Konzil

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) war die bislang letzte beschlussfassende Versammlung aller Bischöfe der katholischen Weltkirche. Rund 2.800 Konzilsväter debattierten im Petersdom darüber, wie die Kirche ihre Botschaft unter den Bedingungen der modernen Welt und von weltanschaulichem Pluralismus verkünden kann. Weitere Themen waren eine Reform von Liturgie und Priesterausbildung, die Einheit der Christen und die Aussöhnung von Kirche und Judentum.

II. Vatikanisches Konzil vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 / © N.N. (KNA)
II. Vatikanisches Konzil vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 / © N.N. ( KNA )
Quelle:
KNA