Kardinal Hollerich sieht Zukunft für Katholizismus in Europa

Trotz tiefgreifender Veränderungen

Kirche müsse digitaler werden, Laien beteiligen und die Sprache der Menschen sprechen, meint Kardinal Jean-Claude Hollerich. Sonst drohe der Katholizismus in Europa an Relevanz zu verlieren. Dennoch glaubt er an eine gute Zukunft.

Kardinal Jean-Claude Hollerich / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kardinal Jean-Claude Hollerich / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich sieht trotz tiefgreifender Veränderungen eine Zukunft für den Katholizismus in Europa. Zwar werde in den kommenden zehn Jahren "viele Pfarren zusammenbrechen" und das "System an sein Ende" kommen, sagte er der Wochenzeitung "Die Furche". Doch dürfe die Kirche nicht auf die Vergangenheit fixiert sein: "Wir müssen akzeptieren, dass wir in einer Geschichte stehen, und aus ihr lernen."

Die Kirche müsse sich stärker auf die säkulare Welt einlassen, so Hollerich. "Wir müssen in der Sprache der Menschen sprechen, wenn wir den Glauben verkünden. Wir müssen den Menschen zuhören." Er kritisierte zugleich Bischöfe, die die moderne Welt bekämpften. "Das ist Blödsinn. Es gibt auch eine Säkularisierung in der Kirche."

Diese zeige sich sowohl beim "rechten Flügel", die nur auf die Form achteten, als auch auf der "linken Seite", die einen "Wertekatholizismus" betone, dessen Werte nicht mehr mit Gott verbunden würden.

Digitale Präsenz verstärken

Mit Blick auf den weltweiten synodalen Prozess, den er als Koordinator begleitete, rief Hollerich dazu auf, die Phase bis zur nächsten Synode in drei Jahren intensiv zu nutzen. In seiner eigenen Diözese plane er eine große Versammlung mit starkem Laienanteil. "Die Gläubigen dürfen nicht einfach nur verwaltet werden", sagte er.

Angesichts zusammenbrechender Pfarrstrukturen mahnte Hollerich zudem, die digitale Präsenz der Kirche zu verstärken. "Wir sind nicht präsent genug in der virtuellen Welt. Eine Messe ins Internet zu übertragen reicht nicht." Rund 85 Prozent der jungen Erwachsenen in Frankreich, die sich für eine Taufe entschieden hätten, gaben laut Hollerich an, durch Online-Kommunikation dazu bewegt worden zu sein.

Erzdiözese Luxemburg

Die Erzdiözese Luxemburg im Herzen Europas hat im Jahr 2020 ihr 150-jähriges Bestehen gefeiert. Geleitet wird sie seit 2011 von Jean-Claude Kardinal Hollerich, der auch Präsident der EU-Bischofskommission COMECE ist. In der Funktion als Vorsitzender der EU-Bischofskommission COMECE setzt er sich als Vermittler zwischen unterschiedlichen Sichtweisen für eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage ein.

Luxemburg mit der "Kathedrale unserer lieben Frau" (KNA)
Luxemburg mit der "Kathedrale unserer lieben Frau" / ( KNA )
Quelle:
KNA