Luxemburgs Kardinal Jean-Claude Hollerich hält das neue Wettrüsten in Europa und im Rest der Welt für "äußerst besorgniserregend, wenn nicht gar erschreckend". Die Lehren des Zweiten Weltkriegs seien anscheinend in Vergessenheit geraten, sagte er dem Portal "Vatican News". Die Welt laufe Gefahr, einen gefährlich Abhang hinunterzurutschen.

Konkret kritisierte der Vizepräsident des Rates der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) den neuen milliardenschweren EU-Aufrüstungsplan mit dem Slogan "ReArm Europe". "Europa als Institution entstand aus der Asche, die durch die Tragödie des Zweiten Weltkriegs hinterlassen wurde", betonte Hollerich. Die Berufung zum Frieden sei daher ein zentrales Gründungsmerkmal der Europäischen Union. Diplomatie und Multilateralismus müssten stets im Vordergrund stehen.
EU soll "defensiven Charakter" wahren
Angesichts der russischen Bedrohung halte er eine militärische Stärkung der EU zwar für nachvollziehbar. "Dies muss aber zwingend einen defensiven Charakter haben", so der Kardinal.
Hollerich, seit 2011 Erzbischof im traditionell katholisch geprägten Luxemburg, war von 2018 bis 2023 Vorsitzender der EU-Bischofskommission COMECE in Brüssel. In dieser Funktion setzte er sich als Vermittler zwischen unterschiedlichen politisch-sozialen Sichtweisen ein. 2021 übernahm er zusätzlich sein derzeitiges CCEE-Amt. Zudem erfüllte er zuletzt immer wieder Aufgaben in päpstlichen Gremien und Vatikanbehörden.