Kardinal Hollerich kritisiert von der Leyen

Mangelnde Gesprächsbereitschaft?

Skandale, Reformen und Glaubenskrise. Der Erzbischof von Luxemburg plädiert in Aachen für kirchliches Engagement in Europa und dringt auf Gespräche mit der EU-Kommissionschefin. Kirche in Europa müsse sich anstrengen.

Jean-Claude Kardinal Hollerich / © Sven Becker (KNA)
Jean-Claude Kardinal Hollerich / © Sven Becker ( KNA )

Eine mangelnde Bereitschaft zum Gespräch hat der Erzbischof von Luxemburg und Vizepräsident des Rates der europäischen Bischofskonferenzen, Jean-Claude Hollerich, Ursula von der Leyen vorgeworfen. 

Wie stark die Zeiten sich geändert hätten, zeige sich auch daran, dass die Präsidentin der EU-Kommission nicht dazu bereit sei, Bischöfe zu empfangen, kritisierte er am Dienstagabend im Aachener Dom.

Ursula von der Leyen, amtierende Präsidentin der Europäischen Kommission / © Philipp von Ditfurth (dpa)
Ursula von der Leyen, amtierende Präsidentin der Europäischen Kommission / © Philipp von Ditfurth ( dpa )

Er sagte mit Blick auf die katholische Kirche, angesichts der vielen Skandale müsse man weinen. Hollerich hob hervor, dass der Glaube und die Institution Kirche in Europa schwächelten. Darauf reagierten die einen so, dass sie zurück in die Vergangenheit wollten, und die anderen, indem sie forderten, die Tore der Kirche weit zu öffnen.

Glaubens- und Strukturkrise

"Wir dürfen nicht in die Vergangenheit schauen, sondern müssen zukunftsträchtig bleiben", forderte er. Die Hierarchie in der Kirche müsse nicht unbedingt pyramidal sein. "Ein Bischof gehört nicht mehr zum Volk Gottes als die Laien", unterstrich Hollerich.

Der Erzbischof forderte die nationalen Bischofskonferenzen dazu auf, stärker zusammenzuarbeiten. Es gebe eine Krise des Glaubens, die tiefer reiche als die Krise der Struktur der Kirche. "Eine bloße Strukturreform wird der Glaubenskrise nicht gerecht werden."

Verschiedene Stimmen von Kirche hören

Hollerich äußerte sich außerdem zur Reformdebatte des Synodalen Wegs der katholischen Kirche in Deutschland. Diesen solle man weder verteufeln noch als Lösung aller Probleme betrachten. "Vielleicht hätte man mit ihm noch etwas warten können", erklärte er. Man habe dort nur eine bestimmte Basis gehört, die in Gremien repräsentiert sei. Nach Ansicht Hollerichs müsse man auch Befürchtungen der dem Synodalen Weg kritisch gegenüberstehenden Bischöfe ernstnehmen.

Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner (SW)
Fünfte Synodalversammlung in Frankfurt / © Maximilian von Lachner ( SW )

Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter seit 2019 über die Zukunft der katholischen Kirche. Ausgangspunkt ist eine jahrelange Kirchenkrise, die der Missbrauchs-Skandal verschärft hat.

In der Debatte geht es vor allem um die Themen Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche.

"Gott ist in Europa präsent"

Mit Blick auf Europa forderte Hollerich eine klare Haltung der Kirche. "Wir können uns aber nicht anpassen, denn es gibt auch Konfliktstoff, und das wird mehr werden." Wenn etwa auf EU-Ebene ein fundamentales Recht auf Abtreibung gefordert werde, könne keine Gewissensentscheidung mehr getroffen werden. "Gott ist auch in der säkularen europäischen Gesellschaft präsent", betonte Hollerich.

Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE)

Der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen, lateinisch Consilium Conferentiarum Episcoporum Europae (CCEE), will die Zusammenarbeit der katholischen Bischöfe auf dem Kontinent fördern.

Dem 1971 gegründeten Gremium gehören derzeit 39 Mitglieder an. Dazu gehören 33 Bischofskonferenzen sowie Vertreter aus dem Erzbistum Luxemburg, dem Fürstentum Monaco, aus Moldawien, Zypern und der Ukraine sowie der Apostolische Administrator (päpstliche Verwalter) in Estland.

Mitglieder des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) beten am Grab von Papst Johannes Paul II. im Petersdom / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Mitglieder des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) beten am Grab von Papst Johannes Paul II. im Petersdom / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA