Kardinal Godfried Danneels wird 75 Jahre alt

Er wäre Johannes XXIV. geworden

Er wäre Johannes XXIV. geworden. Hätten die Kardinäle 2005 den Belgier Godfried Danneels zum Nachfolger von Johannes Paul II. gewählt, hätte der Erzbischof von Mechelen-Brüssel diesen Namen ausgesucht, sagte er nach der Wahl. Doch die Frage stellte sich nicht. Am Mittwoch nun wird Danneels 75 Jahre alt.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

Mit Erreichen dieser Altersgrenze hat er dem Papst vorschriftsgemäß seinen Rücktritt angeboten - auch wenn dieser ihn womöglich auffordert, noch ein wenig weiterzumachen.

Tatsächlich wurden dem belgischen Kardinal vor dem Konklave gewisse Chancen zugesprochen, zum Nachfolger Johannes Paul II. gewählt zu werden. Dagegen sprach, dass Danneels in der Vergangenheit immer wieder Positionen vertrat, die vielleicht etwas zu wenig moderat, zu progressiv oder zu unzeitgemäß waren.

Nach dem Konklave äußerte sich Danneels eher verhalten über den neuen Papst Benedikt XVI. "The proof of the pudding is in the eating", zitierte er auf Englisch ein Sprichwort, etwa: "Wie ein Pudding schmeckt, stellt man erst beim Probieren fest."

1977 zum Bischof ernannt
Danneels, der im westflandrischen Kanegem geboren wurde, wurde schon in den 70er Jahren einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Damals lehrte er im Priesterseminar in Brügge und an der theologischen Fakultät von Löwen. Seine Aufsätze und Vorträge verschafften ihm Respekt und Gehör. So überraschte es kaum, dass ihn Papst Paul VI. 1977 zum Bischof von Antwerpen ernannte und er im Folgejahr in die Glaubenskongregation berufen wurde. Wiederum ein Jahr später, zur Jahreswende 1979/1980, folgte die Erhebung zum Erzbischof von Mechelen-Brüssel als Nachfolger von Kardinal Leo Josef Suenens. 1983 trug Johannes Paul II. auch Danneels die Kardinalswürde an.

Danneels, der mehreren Vatikan-Kongregationen angehört, ist entschieden in der Sache, aber moderat in der Form: ein Mann des Ausgleichs, der radikalen Positionen wenig abzugewinnen weiß. Marktforscher fanden heraus, der Kardinal werde als sozial, ausgeglichen, erneuernd, selbstsicher, verständig, gefühlvoll und Vertrauen erweckend beschrieben. Damit positioniere er sich als deutlich sympathischer als die katholische Kirche insgesamt. Und er habe in den vergangenen Jahren sogar noch an Beliebtheit gewinnen können.

Mehr als der freundliche Übervater Belgiens
Doch wäre es verkürzt, den Kardinal nur als den freundlichen Übervater Belgiens anzusehen. Aus seinen regelmäßigen Hirtenbriefen lässt sich ablesen, dass Danneels auch ein Mann des Gebetes und der Meditation ist. Mit Amtsbrüdern anderer europäischer Metropolen müht er sich zudem intensiv, eine zeitgemäße Form der Weitergabe des Glaubens im urbanen Umfeld auszuarbeiten.

Nicht umsonst ist Danneels, der neben Niederländisch und Französisch auch Deutsch, Englisch und Italienisch spricht, Erzbischof der einzigen zweisprachigen Diözese Belgiens. In seinem Erzbistum prallen wie nirgends sonst die Sprachenkonflikte des Landes aufeinander. Der Kardinal, der 1996 eine Bypass-Operation am Herzen gut überstanden hat, ist einer der wenigen, deren Autorität in beiden Sprachgemeinschaften unbestritten ist. Vielleicht trugen auch diese schlichtenden Erfahrungen dazu bei, dass er in den 90er Jahren an der Spitze der internationalen katholischen Friedensbewegung Pax Christi stand.

Spekuliert wird nun bereits über seine Nachfolge. Ungeschriebenen Traditionen folgend, müsste in Mechelen-Brüssel nun ein Französischsprachiger Erzbischof werden. Ob das die Flamen rings um Brüssel akzeptieren würden, ist offen. Zumindest müsste ein solcher Nachfolger mindestens so gut Niederländisch sprechen wie Danneels Französisch. Der Streit um die Zukunft Belgiens ist noch nicht ausgestanden. Dass es nach Danneels auch einen Streit um die Zukunft der gemeinsamen Bischofskonferenz geben wird, ist nicht ausgeschlossen.