Kaplan zieht nach erstem Priesterjahr Bilanz

"Natürlich kriegt man diese Krise mit"

Kaplan Wolkersdorfer wurde 2021 zum Priester geweiht und kümmert sich seitdem um eine Pfarrei in einem Kölner sozialen Brennpunkt. Multikulturell, spannend und mit vielen segensreichen Erfahrungen beschreibt er sein erstes Jahr.

Georg Wolkersdorfer  (privat)
Georg Wolkersdorfer / ( privat )

DOMRADIO.DE: Wie war denn Ihr erstes Jahr als Priester?

Kaplan Georg Wolkersdorfer (Pfarrei Hl. Johannes XXIII. in Köln-Chorweiler): Das mag vielleicht überraschen, trotz Pandemie und auch trotz Kirchenkrise war es ein wirklich sehr schönes und sehr erfüllendes Jahr mit vielen Höhepunkten, mit vielen schönen Begegnungen und segensreichen Erfahrungen. 

Wie wird man Priester im Erzbistum Köln?

Es ist ein langer Weg bis zur Weihe – und viele Priester sagen, dass der Weg dann erst richtig losgeht. Die Ausbildung dauert normalerweise acht Jahre, wovon fünf Jahre auf das Theologiestudium in Bonn entfallen und drei Jahre auf die Ausbildung in der Gemeinde und im Priesterseminar.

Die Zeit als Seminarist ist eine Zeit der Prüfung und der Vorbereitung.

Priesterweihe im Kölner Dom / © Robert Boecker (privat)
Priesterweihe im Kölner Dom / © Robert Boecker ( privat )

DOMRADIO.DE: Sie sind Kaplan in Chorweiler. Der Kölner Stadtteil gilt als sozialer Brennpunkt. Wie schwierig ist es da, katholischer Priester zu sein?

Wolkersdorfer: Es ist nicht schwieriger als woanders auch, aber es gibt natürlich andere Herausforderungen.  Chorweiler ist vor allen Dingen sehr multikulturell. Ich hatte schon syrische, irakische, polnische und italienische Taufen. Es ist wirklich spannend und abwechslungsreich.

DOMRADIO.DE: Was bedeutet soziales Engagement in so einem Stadtviertel?

Wolkersdorfer: Wir haben in der Pfarrei eine eigene Sozialarbeiterin, was für eine Pfarrei ungewöhnlich ist, aber für den Standort Chorweiler empfehlenswert und auch sehr wichtig ist.

DOMRADIO.DE: Hat sich bei Ihnen in diesem ersten Jahr etwas an dem Blick auf Ihren Beruf und auf Ihre Berufung geändert?

Wolkersdorfer: Definitiv. Davor habe ich mich zum Beispiel wesentlich mehr für Kirchenpolitik interessiert, habe mir den Mund über die Frage fusselig geredet, wie die Kirche der Zukunft sein soll.

In der Pfarrei merke ich, dass das zwar eine Rolle spielt, aber am Ende des Tages geht es darum, dass man eben als Seelsorger in der Pfarrei wirkt. Dabei ist die Kirchenpolitik nicht das große Thema, sondern dass man vor Ort bei den Menschen ist. Darauf kommt es an.

DOMRADIO.DE: Wie schwierig ist das, so eine Entscheidung zu treffen und katholischer Priester in einer Zeit zu werden, in der die katholische Kirche in einer Krise steckt?

Wolkersdorfer: Natürlich kriegt man diese Krise mit. Es ist sicherlich nicht leichter geworden, heute Priester zu werden als noch vor 50 Jahren.

Aber wenn Christus einen anruft, dann merkt man doch: Das ist der richtige Weg, hier gehöre ich hin und hier will ich auch in dieser Zeit sein. Er hat mich nun mal in diese Zeit berufen und nicht in den 1950ern. Damit kann ich auch gut leben.

DOMRADIO.DE: Warum sind Sie froh, dass Sie Ihre Entscheidung so getroffen haben?

Wolkersdorfer: Weil ich, ich will jetzt nicht sagen jede Sekunde, aber doch jeden Tag merke: Hier gehöre ich hin. Das ist der Ort, wo ich sein will. Das ist der Platz, wo mein Leben als Priester und Seelsorger sein soll. Das ist wirklich erfüllend. Es ist einfach schön und macht Freude. Am Ende des Tages merke ich, dass ich etwas Sinnvolles, etwas Wichtiges tue. Dafür bin ich sehr dankbar.

DOMRADIO.DE: Sie haben schon viele Höhen und Tiefen in diesem Jahr erlebt. Was war besonders schwer?

Wolkersdorfer: Besonders schwer waren die Kontakteinschränkungen, die gerade etwas gelockert werden, aber auch nicht so ganz völlig weg sind. In Zeiten der Pandemie einfach Menschen zu begegnen, ist natürlich nicht leichter geworden als vorher.

DOMRADIO.DE: Was war Ihr Highlight in dieser Zeit als Priester?

Wolkersdorfer: Das Hightlight war eigentlich mitten in der Pandemie die Christmette an Weihnachten, als alles unter Pandemiebedingungen schwierig war. Die Fragen, wie viele Leute in die Kirche dürfen, ob alle die Maskenpflicht einhalten, der Chor singen darf, wenn ja, mit wie vielen, haben das nicht leichter gemacht. Die Fragen haben mich eigentlich völlig von Weihnachten, von der Freude über Jesu Geburt weggebracht. Als dann das Stille-Nacht-Lied am Ende der Messe gesungen wurde, merkte ich: Es war alles schön, es war alles so, wie ich mir das erhofft hatte. Dann war wirklich Weihnachten.

DOMRADIO.DE: Die nächste Priestergeneration wird nun im Kölner Dom geweiht. Was wünschen Sie den vier jungen Männern, die sich weihen lassen?

Wolkersdorfer: Dass sie erfahren können, wie sehr sie den Menschen in den Pfarreien begegnen können und wie sehr sie gebraucht und benötigt werden, um Christus zu den Menschen zu bringen und wie sehr sich die Menschen darüber freuen, dass sie solche Erfahrungen sammeln können.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Voraussetzungen für die Priesterausbildung

Grundsätzlich kann jeder zum Priester geweiht werden, der männlich, katholisch und unverheiratet ist. Wenn er von Gott dazu berufen ist. Ob jemand berufen ist, entscheidet jedoch nicht der Einzelne selbst. Drei Aspekte entscheiden zusammen darüber, ob jemand tatsächlich berufen ist: die Neigung, die Eignung, und die Annahme durch die Kirche.

Symbolbild Unterricht im Priesterseminar / © Maria Irl (KNA)
Symbolbild Unterricht im Priesterseminar / © Maria Irl ( KNA )
Quelle:
DR