Kapitelsamt im Kölner Dom

"Wer Gott in seinem Leben Raum gibt, erfährt Freiheit"

DOMRADIO.DE übertrug am vierzehnten Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Dompropst Guido Assmann. In seiner Predigt beschwor Assmann die Harmonie von Glaube, Anstrengung und Freiheit – das "sanfte Joch" Jesu.

Blick auf den Kölner Dom / © Anirut Thailand (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Anirut Thailand ( shutterstock )

"Mein Joch ist sanft, meine Last ist leicht", so spricht Jesus im Tagesevangelium. Der Begriff des Jochs mag uns in unserer heutigen Welt fremd erscheinen. Deshalb erklärte Dompropst Guido Assmann in seiner Predigt zuallererst, was so ein Joch überhaupt ist und mit sich bringt.

In der Landwirtschaft bezeichnet es einen schweren Balken, den meist das Arbeitsvieh zur Erfüllung seiner Aufgaben zu tragen hat. 

Glaube kann auch Arbeit bedeuten

Guido Assmann / © Harald Oppitz (KNA)
Guido Assmann / © Harald Oppitz ( KNA )

Jesus, betont Assmann, nutzte dieses Bild, weil die Menschen seiner Zeit es verstanden hatten. Es bedeutete schwere Einschränkung und schwere Last.

Assmann betont, dass der Glaube durchaus Anstrengung von uns verlangen kann.

"Den Glauben zu leben und im Alltag umzusetzen, um Jesus Christus zu folgen, kann auch Arbeit bedeuten." 

Jesus bürde uns aber keine Arbeit um ihrer selbst willen auf, sondern trete in unser Leben, damit dieses gut werde, gelinge, zum ewigen Leben würde. Gleichsam könne das Beten oder Einhalten der Gebote eine Last darstellen.

Das befreiende Joch Jesu

Diese Lasten des Glaubens ermöglichten uns aber, so Assmann, erst das Leben, schenkten uns die Freiheit, die Gott uns gibt, weil wir seine Kinder sind. 

Auch das Sonntagsgebot könne als Joch gesehen werden. Man könne es laut Assmann aber auch anders betrachten: "Die Kirche lädt uns ein, unsere Freiheit zu feiern, dass der Tod besiegt ist und die Auferstehung Wirklichkeit geworden ist."

Der Kirchenbesuch und der Arbeitsverzicht am Sonntag ermöglichten es uns, zweckfrei vor Gott da zu sein, ihn zu ehren und einen Tag lang jenseits der Arbeit unsere seelischen, geistlichen und zwischenmenschlichen Bedürfnisse an erste Stelle zu setzen.

Dankbares statt anstrengendes Nachtgebet

Als weitere Beispiele führte Dompropst Assmann das Gebet und die Nächstenliebe an.

Möge das Gebet so manches Mal, vor allem spätabends nach einem Tag voller Arbeit, auch anstrengend erscheinen, so sei dies eine gute Anstrengung, die im dankbaren Gebet zu Gott vor dem Einschlafen erst ihren vollen Wert entfalte.

"Gott, ich bin zwar so müde, aber dafür, dass ich diesen Tag erleben durfte, dass du mir die Kraft geschenkt hast, die Aufgaben, die heute auf mich warteten, erfüllen zu können, dass ich wieder einen Tag im Leben geschenkt bekam, Gott, dafür danke ich dir, schenke mir jetzt die Ruhe der Nacht."

Auch Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit seien keine leichte Aufgaben, unterstreicht Assmann in seiner Predigt.

Gott Raum geben und Freiheit erfahren

"Aber das Gute im Mitmenschen erst einmal zu sehen und darauf zu vertrauen und zu hoffen, dass der Mitmensch auch in mir, obwohl ich viele Ecken und Kanten habe und nicht immer gerecht bin, doch den Menschen zu sehen, der von Gott genau so geliebt ist" zeige, dass jeder Mensch, sei er noch so schwierig im Umgang, von Gott geliebt sei.

Jesus, schließt Assmann, sei nicht gekommen, um uns Auflagen und Gebote aufzubürden, denn vor der übertriebenen Gesetzestreue der Pharisäer habe er stets gewarnt, sondern vielmehr, damit wir ein Leben in Freiheit und Gottesehrfurcht leben können.

"Wer Gott in seinem Leben Raum gibt, erfährt Freiheit" – und Freiheit bedeute eben Verantwortung zu übernehmen und sich anzustrengen. 

Musikalische Gestaltung

Die musikalische Gestaltung lag bei Winfried Bönig an der Domorgel und dem Chor "Musica Canterey Bamberg". Das Gastensemble sang unter seinem Leiter Norbert Köhler u. a. die Messe für vier Stimmen von William Byrd. Der englische Komponist starb vor 400 Jahren am 4. Juli.

„Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele.“ (Mt 11,29)

Impuls zum Evangelium Mt 11,25–30

„… Wo kann ich die Lasten meines Lebens abladen? Bei wem kann ich neuen Mut und neue Kraft schöpfen? Das Leben ist eine Mischung aus Freude und Enttäuschungen. Manchmal drückt das Joch schwer, von dem Jesus spricht; manchmal ist es leichter zu tragen. Wie sehr hilft es, sich Mut zusprechen zu lassen, in ausweglos erscheinenden Situationen Hoffnung zu schöpfen. Es lässt sich in jeder Lebenssituation begründet hoffen – wenn wir etwas dafür tun.

Im Mittelalter betete man zu Heiligen, die jeweils für eine Gefahr, ein Risiko, eine Krankheit zuständig waren. Es entwickelte sich früh die Tradition der ›Vierzehn Nothelfer‹: Vierzehn Heilige waren zuständig für vierzehn Gruppen von Lebensrisiken: Barbara für die Bergleute, Georg half gegen Seuchen, Fieber und Krieg, Vitus gegen Tollwut und Epilepsie. Dem frommen Katalog der Heiligen entspricht ein Alltagskatalog der Gefahren und Risiken. Diesen vierzehn Nothelfern waren Altäre gewidmet, sie waren auf Bildern versammelt. Ganze Wallfahrtskirchen sind diesen vierzehn Nothelfern geweiht. … bei aller Kritik an der Heiligenverehrung – finde ich diese Tradition anregend, weil sie geistliches Leben und Alltagsleben miteinander verbindet.

Stefanie Wahle-Hohloch; aus: TeDeum – Das Stundengebet im Alltag, Juli 2023, www.tedeum-beten.de

Quelle:
DR