Kapitelsamt aus dem Kölner Dom

23. Sonntag im Jahreskreis

domradio übertrug am Sonntag das Kapitelsamt aus dem Hohen Dom zu Köln. Zelebrant und Prediger war Domkapitular Dr. Günter Assenmacher. Hören und schauen sie hier seine Predigt zum Lukasevangelium 14,25-33.

 (DR)

Christus nachzufolgen, das ist eine Entscheidung, die den ganzen Menschen fordert. Glauben braucht den ganzen Menschen. Das bedeutet, dass mein Glaube nicht nur sonntags, in Kirche und Gemeinde, vielleicht auch noch in der Familie, sondern auch am Arbeitsplatz, im Sportverein und in der Politik eine Rolle spielt. Dabei geht es nicht darum, die eigenen Überzeugungen ständig im Munde zu führen. Aber ebenso wie der Christ Philemon seinen Sklaven nicht länger behandeln kann, wie Herren Sklaven nun einmal behandeln, haben auch wir uns zu fragen, was der Glaube in unseren Alltagsbeziehungen fordert - und ermöglicht!

Kyrie-Rufe
Herr Jesus Christus, du gibst uns die Weisheit,
Gottes Plan zu erkennen.
Du verkündest den Gefangenen die Entlassung
und den Gefesselten die Befreiung.
Du machst uns frei, dir ungeteilt nachzufolgen.

Erste Lesung
In der Zeit hellenistischer Vorherrschaft lässt die griechische Liebe zur Weisheit auch die jüdische Kultur nicht unberührt. Man fragt, wo die Weisheit in den eigenen Traditionen vorkomme. König Salomo ist der Inbegriff jüdischer Weisheit. In Form eines Gebets wird hier der Weg des Königs mit der Weisheit beschrieben. Der Autor des Weisheitsbuches begründet, warum Salomo sich ausgerechnet Weisheit vom Herrn erbeten hat. Weisheit ist ja mehr als menschliche Klugheit. Wahre, himmlische Weisheit hat der Mensch nicht aus sich selbst. Der Mensch allein würde von seiner eigenen Schwerfälligkeit immer wieder zu Boden gedrückt. Wahre Weisheit besteht hingegen darin, Gottes Plan und Willen zu erkennen. Diese Erkenntnis aber kann uns nur Gott selbst lehren. Der Anfang der Weisheit ist also die Einsicht, dass die eigene Erkenntnisfähigkeit begrenzt ist.

Zweite Lesung
Das kürzeste Buch des Neuen Testaments ist ein Brief des Paulus an seinen Mitchristen Philemon. Dessen Sklave Onesimus ist zu Paulus geflohen. Der kann ihm rechtlich nicht einfach die Freiheit geben - das könnte nur Philemon. So schickt er den Flüchtling zurück, gibt ihm aber dieses Begleitschreiben mit, das Paulus zwar formal an Philemon richtet, das aber in der Gemeinde vorgelesen werden soll. So kann der Apostel sicher gehen, dass Philemon seinen Sklaven einigermaßen gut aufnehmen wird. Der Apostel betont seine enge, väterliche Bindung an Onesimus und bringt dadurch Philemon, der ihm verpflichtet ist, in Zugzwang. Aber Paulus achtet darauf, dass der andere dabei sein Gesicht wahren kann. Denn dass Onesimus weggelaufen ist, wird Gründe gehabt haben. Paulus macht seinem Glaubensgenossen deutlich, wie ein Christ mit seinen Sklaven umgehen sollte: Er muss in ihm jetzt immer den Bruder in Christus erkennen.

Evangelium
Eltern, Familie, Leben sind zweifellos hohe Werte. Sie zu achten gilt als religiöse Pflicht. Daher schockiert Jesus hier die Leute. Er spricht dabei vor allem jene an, die meinen, sie könnten ihm „ein bisschen" nachfolgen. Aber Jesus fordert den Menschen ganz. Die Jünger müssen wirklich bereit sein, alles zu geben. Damit sie das verstehen, mahnt er sie strategisch zu denken, wie sie es bei anderen Unternehmungen auch tun. Reichen die Mittel, die Kräfte? Reicht meine Bereitschaft? Will ich mich wirklich ganz auf das Neue einlassen? Dies ist auch eine ständige Frage an uns.