Kapitelsamt am achten Sonntag im Jahreskreis im Kölner Dom

Von brüderlicher Zurechtweisung

DOMRADIO.DE übertrug am achten Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Dompropst Guido Assmann. In seiner Predigt rief er zu Mitbrüderlichkeit und Barmherzigkeit auf.

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In seiner Predigt bekräftigt Dompropst Assmann den Mitmenschen in Mitbrüderlichkeit und mit Barmherzigkeit zu begegnen. Ausgehend vom Evangelium wies er darauf hin, dass so mancher Vers des heutigen Textes immer wieder in unserem Alltag auftaucht, zum Beispiel: "Wovon das Herz voll ist, da sprudelt der Mund über" oder auch "Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen".

Jesus rufe uns auf, auf das eigene Leben zu schauen, erklärt Assmann, denn "Fehler der anderen fallen uns direkt auf, für die eigenen sind wir aber oft blind". Auch wenn diese Haltung in der menschlichen Natur liege, liege die Kunst für den Dompropst darin: "Schaffe ich das, im Sinne einer brüderlichen Zurechtweisung meinen Nächsten gleichzeitig nicht bloßzustellen?"

Aktueller denn je

Im Hinblick auf die gegenwärtigen Ereignisse stellte Assmann die Frage, ob es uns auch möglich ist, im eigenen persönlichen Umfeld für Frieden zu sorgen. Neben der politischen Situation in der Ukraine und in Europa erwähnte der Dompropst auch die Rückkehr des Kölner Erzbischofs Kardinal Woelki.

Nur auf andere zu zeigen und von ihnen Dinge einzufordern, ohne selbst etwas Gutes beizutragen, genüge nicht. "Versuchen wir es in kleinen Schritten und sehen wir zuerst das Gute im Menschen". Mit dieser Anregung schloss Assmann seine Predigt, "um die Worte Jesu in unserem Leben wirksam zu machen".

DOMRADIO.DE übertrug am achten Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom mit Dompropst Guido Assmann. Die Männerstimmen des Kölner Domchores singen unter der Leitung von Anna Goeke. An der Orgel war Ulrich Brüggemann.

„Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; dann kannst du zusehen, den Splitter aus dem Auge deines Bruders herauszuziehen.“ (Lk 6,42)

Impuls zum Evangelium Lk 6,39-45
von Christian Schuler

Unser Leben ist nicht nur kurz, es ist auch das Einzige, das wir haben. Eigentlich eine trostlose Situation. Wir können aber »mehrere Leben« haben, indem wir am Leben der anderen teilnehmen und andere an unserem Leben teilhaben lassen. Dann erst werden wir fähig, »wir« zu sagen. Ein Heuchler dagegen definiert sich dadurch, dass er nur »ich« sagen kann, aber nie aus ganzem Herzen »wir«. Sein moralisches Spitzenniveau hält er nur, indem er seine eigenen dunklen Seiten vor anderen (und vielleicht auch vor sich selbst) verbirgt. Heuchelei endet dort, wo echte Begegnung stattfindet, ein offenes Gespräch, ehrliches Gebet und wo wir uns selbst in Frage stellen können. Ein einzelner Mensch kann sich selbst nicht ins Auge schauen. Er kann es nur durch den liebevollen Blick eines anderen. Mit seinen und den Augen des anderen erst weiß er, Splitter von Balken zu unterscheiden.

Aus: TeDeum – Das Stundengebet im Alltag, Februar 2022, www.tedeum-beten.de