Kanzlerin distanziert sich von Klagen der "Preußischen Treuhand" - Werben um gemeinsame EU-Politik

Merkel geht auf Polen zu

Bundeskanzlerin und EU-Ratsvorsitzende Angela Merkel hat bei ihrer Polen-Reise die Entschädigungsansprüche deutscher Vertriebener strikt zurückgewiesen. Die Klagen der Vertriebenenorganisation Preußische Treuhand hätten keinerlei Unterstützung der Bundesregierung.

 (DR)

"Keine Umdeutung der Geschichte durch Deutschland"
Die Organisation klagt vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg auf Entschädigungen für Deutsche, die nach 1945 Polen verlassen mussten. Dies hatte zu Spannungen zwischen beiden Ländern gesorgt. Die Bundeskanzlerin betonte zugleich, sie verstehe und unterstütze, dass die Deutschen, "die zum Ende des Zweiten Weltkrieges mit Flucht und Vertreibung aus ihrer Heimat selbst Leid ertragen mussten, ihres Schicksals würdevoll gedenken können". Es dürfe aber "keine Umdeutung der Geschichte durch Deutschland geben, und es wird keine Umdeutung der Geschichte geben".

Bei weiteren Themen bemühte sich Merkel ebenfalls um Harmonie. Sie dankte Polen, dass das Land die Ziele für die Förderung erneuerbarer Energien mitgetragen habe. Damit habe das Nachbarland einen "wichtigen Beitrag zur Einigung in der EU geleistet". Darüber hinaus kündigte sie an, dass die deutsche EU-Ratspräsidentschaft sich gemeinsam mit der EU-Kommission für eine rasche Lösung im Streit um die polnischen Agrarexporte nach Russland einsetzen werde.

Merkel warb ferner für eine gemeinsame EU-Außen- und Sicherheitspolitik. "Das gilt gerade auch im Verhältnis zu unserem Verbündeten USA und unserem großen Nachbarn Russland", sagte die Kanzlerin. Die enge Partnerschaft mit den USA und eine starke NATO seien kein Gegensatz zur Vertiefung der europäischen Zusammenarbeit. Aber auch die Partnerschaft mit Russland sei für Europa von strategischer Bedeutung. Die Kanzlerin wollte sich bei ihrer Reise dafür aussprechen, das geplante US-Raketenabwehrsystem, das unter anderem in Polen stationiert werden soll, in die NATO-Strukturen einzubinden.

Kommunikationsstörungen zwischen beiden Ländern
Der polnische Botschafter in Deutschland, Marek Prawda, räumte vor der Reise Kommunikationsstörungen zwischen beiden Ländern ein. Der Besuch Merkels sei aber ein Signal, "dass wir uns besser verstehen sollen, dass wir zueinander mehr Vertrauen gewinnen, dass wir auf dieser Basis über die Zukunft Europas sprechen können". Dass die Kanzlerin in Begleitung ihres Ehemannes komme, sei eine "menschliche private Ebene", die in dieser Phase der deutsch-polnischen Beziehungen wichtig sei.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz (CDU), zeigte sich zuversichtlich: "Die bisherigen Treffen der Kanzlerin mit ihren polnischen Partnern haben dazu geführt, dass sich das Verhältnis Schritt für Schritt weiter verbessert hat. Das erwarte ich auch von dem jetzigen Treffen." Vize-FDP-Fraktionschef Werner Hoyer bezeichnete der Polen-Besuch als Chance zur Kurskorrektur.

Merkel besuchte das Nachbarland auf Einladung von Staatspräsident Lech Kaczynski. Bei der Ankunft wurde sie vom polnischen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski empfangen.