Eine Einmischung der Kirche rund um die geplatzte Verfassungsrichterwahl ist aus Sicht von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) legitim.
"Dass sich die katholische und die evangelische Kirche unterschiedlich, aber dass sich beide Kirchen in einer solchen Frage zu Wort melden, das finde ich gut", sagte Merz am Freitag bei seiner Sommer-Pressekonferenz in Berlin. Weiter betonte er: "Das ist ihr gutes Recht, dass sie das tun und das tun sie auch bei anderer Gelegenheit."
Zugleich wollte der Kanzler nicht weiter ausführen, ob er selbst von Kirchenvertretern rund um die Verfassungsrichterwahl kontaktiert worden sei. Er könne darüber im Einzelnen nicht berichten. "Auch bei meinem Büro meldet sich der eine oder andere, mit dem ich nicht persönlich sofort in Kontakt trete", so Merz. Es habe aber Zuschriften gegeben und verschiedene Wortmeldungen, teilweise öffentlich, teils nicht öffentlich.
Kampagne gegen Kandidatin
Die Wahl dreier Bundesverfassungsrichter war in der vergangenen Woche gescheitert. Hintergrund war die Personalie Frauke Brosius-Gersdorf.
Die Rechtswissenschaftlerin war von der SPD als Richterin für das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagen worden. Die Wahl kam nicht zustande, nachdem in der Unionsfraktion Vorbehalte gegen die Juristin laut geworden waren.
Im Zentrum der Kritik, die auch von der katholischen Kirche geäußert worden war, stand unter anderem ein Satz der Verfassungsrechtlerin in einem Kommissionsbericht zum Thema Abtreibung aus dem vergangenen Jahr. Darin schreibt sie: "Es gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt."
Gegen die Vorwürfe und die folgende Kampagne in den Sozialen Netzwerken setzte sich Brosius-Gersdorf jedoch zur Wehr. Hunderte Wissenschaftler standen ihr in einem Offenen Brief bei. In der ZDF-Talkshow von Markus Lanz sagte die Juristin: "Ich bin nie eingetreten für eine Legalisierung oder Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bis zur Geburt." Falsch sei auch, "dass ich gesagt haben soll oder geschrieben haben soll, dass der Embryo kein Lebensrecht hat".
Aus der Kirche hatte sich vor allem der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl kritisch zur Kandidatin geäußert. Im Nachgang entschuldigte sich Gössl jedoch bei Brosius-Gersdorf. Es gab auch einen privaten Austausch der beiden.