Kann die Kirche zur Energiewende beitragen?

"Wir schreiten mit großen Schritten voran"

Das Gas in Deutschland wird immer knapper. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ruft bereits zum Energiesparen auf. Industrie und Privathaushalte sollen dabei mithelfen. Wie kann sich die Kirche an diesem Auftrag beteiligen?

Ein Metallkreuz auf einem Dach mit Solarpanels / © rustycanuck (shutterstock)
Ein Metallkreuz auf einem Dach mit Solarpanels / © rustycanuck ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Energiesparen ist nicht nur für die Umwelt gut, sondern auch für den eigenen Kontostand. Was kann denn jeder Einzelne tun?

Christian Weingarten (Erzbistum Köln)

Christian Weingarten (Leiter der Abteilung Schöpfungsverantwortung im Erzbistum Köln): Ganz viel. Es fängt damit an, ob Elektrogeräte im Standby-Modus oder nachts aus sind.

Ein weiterer Punkt ist die Frage, was man mit der Wäsche macht. Nutzt man einen Wäschetrockner oder hängt man sie bei warmem Wetter draußen auf?

Oder beim Kochen kann man Restwärme von der Herdplatte nutzen, um wieder Wasser aufzuwärmen.

Es ist wichtig zu schauen, wo man Energie verbraucht und wofür man vielleicht zu viel Energie nutzt, die man eigentlich gar nicht benötigt. Vielleicht kann man die Energie da weniger oder anders nutzen.

DOMRADIO.DE: Was ist denn am effektivsten?

Weingarten: Ich glaube, den Wäschetrockner bei warmen Temperaturen nicht zu nutzen, ist richtig effektiv. Ebenso wichtig ist es zu schauen, wie kalt der Gefrierschrank eingestellt ist. Teilweise macht ein Grad schon 6 Prozent Energie aus. Das ist also ein wirklich großer Hebel.

Beim Kühlschrank kann man auch schauen wie man ihn sortiert. Wenn man die großen Hebel wie Waschmaschine, Kühlschrank und Gefrierschrank anpackt, kann das schon eine Wirkung haben.

DOMRADIO.DE: Viele Menschen haben die Einstellung, dass man als Einzelner gar nicht so viel bewegen kann. Was würden Sie da entgegnen?

Weingarten: Jeder Mensch lebt auf dieser Erde und hat eine Verantwortung für unsere Schöpfung. Jeder kleine Baustein, den wir in unserem privaten Haushalt beim Energiesparen machen können, ist ein kleines Puzzleteil für das große Ganze, was wir im Moment dringend benötigen.

DOMRADIO.DE: Wie sieht beim Erzbistum Köln aus? Da gibt es den Plan, bis 2030 klimaneutral zu sein.

Weingarten: Wir schreiten mit großen Schritten voran. Im Moment stehen große Entscheidungen für die nächsten Jahre an. Wir merken durch die Ukraine-Krise in den Kirchengemeinden ein starkes Umdenken, weil die großen Kirchenheizungen auch viel Geld kosten. Das merkt man jetzt. Das Gas wird knapper, also wird es wahrscheinlich noch teurer.

Da fängt ein Umdenken an. Wie können wir vielleicht innovativ heizen? Müssen wir das ganze Kirchengebäude aufheizen oder reicht vielleicht eine Sitzheizung? Was für Strom verbrauchen wir in der Kita? Was für Strom verbrauchen wir im Pfarrzentrum? Wo können wir jetzt wirklich einsparen?

Das haben wir in den letzten 20 Jahren völlig verpasst. Da hinken wir ganz weit hinterher. Ich merke da aber im Moment eine Beschleunigung. Wir als Erzbistum Köln müssen diese Beschleunigung aufnehmen. Wir müssen die Unterstützung leisten, um eine Bewegung daraus zu machen und massiv Energie einzusparen.

DOMRADIO.DE: Eigentlich will Deutschland weg von der Kohle. Aber vor dem Hintergrund des Krieges ist jetzt wieder ernsthaft im Gespräch, Kohle zu verstromen, was den CO2-Ausstoß dann wieder erhöht. Wie weh tut Ihnen das als Leiter der Abteilung Schöpfungsverantwortung?

Christian Weingarten (Leiter der Abteilung Schöpfungsverantwortung im Erzbistum Köln)

"Natürlich tut mir das weh, aber ich versuche viel stärker das Augenmerk darauf zu lenken, wie wir sparen und die Energiewende vorantreiben können."

Weingarten: Natürlich tut mir das weh. Aber ich versuche viel stärker das Augenmerk darauf zu lenken, wie wir sparen und die Energiewende vorantreiben können. Wie können wir viel stärker Photovoltaik fördern, um erneuerbaren Strom zu generieren? Das ist auch auf kirchlichen Gebäuden möglich. Wir haben ganz viele Gebäude mit großen Dächern, die super geeignet für Photovoltaik sind.

Da müssen wir in meinen Augen auch als Kirche radikal vorangehen und sagen, dass es natürlich weh tut, andere fossile Energieträger für die Übergangszeit wieder zu brauchen. Aber wir müssen versuchen, erneuerbare Energien zu generieren, Windräder zu bauen, Photovoltaik zu installieren, um schnellstmöglich dann auch wieder von der Braunkohle wegzukommen.

DOMRADIO.DE: Die FDP bringt auch das Fracking wieder mit ins Spiel. Muss die Umwelt vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine wieder zurückstecken?

Weingarten: Ich hoffe nur kurzfristig. Denn ich bin der Meinung, dass wir unseren Wohlstand und Luxus in Deutschland nicht ausnutzen können, um jetzt kurzfristig Gewinn auf Kosten anderer Generationen zu machen.

Unsere Kinder und Kindeskinder werden letztendlich Schwierigkeiten haben, das CO2, was wir jetzt in die Luft blasen, wieder raus zu bekommen. Wenn sie überhaupt noch die Chance haben das zu lösen.

Meiner Meinung nach müssen wir nicht immer nur in Ein-Jahresschritten denken, sondern wir müssen in 50, in 100 Jahren denken und dann überlegen, was wir eigentlich noch an CO2 in die Luft blasen dürfen, damit wir diesen Planeten am Leben halten.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Klimawandel

Allgemein bezeichnet der Begriff Klimawandel die Abkühlung oder Erwärmung des Klimas auf der Erde über einen langen Zeitraum. Natürliche Änderungen im Klima hat es immer schon gegeben. Seit etwa 1850, dem Beginn der industriellen Revolution, steigt die globale Durchschnittstemperatur allerdings vergleichsweise schnell.

Symbolbild Klimawandel / © Seamind 224 (shutterstock)
Quelle:
DR