Kabinett beschließt Bundesfreiwilligendienst

Der Zivi hat ausgedient

Abschied von Wehrpflicht und Zivildienst: Das Kabinett hat am Mittwoch parallel zur Aussetzung der Wehrpflicht auch die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes beschlossen. Der neue Freiwilligendienst soll ab dem 1. Juli 2011 für alle Altersgruppen und für Frauen offenstehen.

 (DR)

Für rund 35.000 Männer und Frauen will der Bund die Möglichkeit zum gemeinnützigen Einsatz bieten. Der Zivildienst könne damit nicht vollständig ersetzt werden, sagte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) im ZDF-Morgenmagazin. "Wir werden die Lücke nicht komplett schließen können."



Aufgabe der Politik sei es, die Freiwilligendienste so attraktiv wie möglich zu gestalten, sagte die Ministerin. Gleichwohl dürften sie keine Arbeitsplätze verdrängen. Die Freiwilligen seien "kein Notpflaster für die Pflegebranche".



Dauer ein Jahr

Wer 27 Jahre und älter ist, soll einen Teilzeit-Dienst wählen können. Der Bundesfreiwilligendienst soll in der Regel ein Jahr dauern. Er kann aber auf ein halbes Jahr verkürzt oder auf anderthalb Jahre verlängert werden, in Ausnahmefällen auch bis zu zwei Jahre dauern. Zivildienstleistende sollen im kommenden Jahr zum 30. Juni entlassen werden, spätestens aber zum 31. Dezember, sofern sie freiwillig länger Dienst tun wollen.



Die Bezahlung soll insgesamt an die der Jugendfreiwilligen angeglichen werden, während Zivildienstleistende heute mehr bekommen als Freiwillige. Sie soll bei rund 330 Euro im Monat liegen. Wenn Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Dienstkleidung ausgezahlt werden, kommt ein Freiwilliger auf etwa 500 Euro monatlich. Eine Konkurrenz zu den Jugendfreiwilligendiensten der Länder mit derzeit rund 35.000 Plätzen im Freiwilligen Sozialen Jahr (FJS) und im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) will der Bund vermeiden.



Chance für Integration

Die Länder bekommen vom Bund künftig statt 72 Euro 200 Euro pro Platz in den Jugendfreiwilligendiensten. Das hatten sie ihrerseits zur Bedingung gemacht für ihre Zustimmung zum Bundesfreiwilligendienst. Gegenwärtig leisten rund 90.000 junge Männer Zivildienst, die Mehrheit von ihnen nur noch sechs Monate.



Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), rief dazu auf, den Bundesfreiwilligendienst für die Integration von Migranten zu nutzen. So könnten die Freiwilligen beispielsweise junge Migranten beim Erlernen der deutschen Sprache unterstützen. Einsatzgebiete könnten auch Projekte zur Förderung der interkulturellen Kompetenz sein, sagte die Staatsministerin. Zugleich biete der Bundesfreiwilligendienst für junge Migranten selbst die Möglichkeit, sich aktiv in die Gesellschaft einzubringen.



Caritas will sich beteiligen

Die Grünen kritisierten den neuen Bundesfreiwilligendienst als "überflüssige Konkurrenz zu den bereits bestehenden Diensten". Ministerin Schröder betreibe damit Arbeitsbeschaffung für das bisherige Bundesamt für Zivildienst, sagte der jugendpolitische Sprecher Kai Gehring. Die Qualität insbesondere in der Pflege werde dadurch leiden, dass im Vergleich zum Zivildienst für den Freiwilligendienst mehrere 100 Millionen Euro weniger zur Verfügung ständen. Ebenso bleibe unklar, wie die zusätzlich benötigten Studien- und Ausbildungsplätze finanziert werden sollen.



Der Deutsche Caritasverband will sich aktiv an der Organisation des Bundesfreiwilligendienstes beteiligen, kündigte Verbandspräsident Peter Neher an. Mit diesem neuen Dienst könne es gelingen, den Wegfall der Zivildienstleistenden abzufedern. Neher bewertete es als positiv, dass der Bundesfreiwilligendienst für jüngere und ältere Menschen offen sei. Dies sei ein deutliches Signal in die Zivilgesellschaft. Er verbinde sein Engagement mit der Erwartung, "dass die freien Träger einen großen Spielraum bei der inhaltlichen Gestaltung dieser neuen Engagementform haben".



Der Caritasverband hatte sich ursprünglich für eine Stärkung der bestehenden und stark nachgefragten Jugendfreiwilligendienste ausgesprochen. Dies war jedoch aus finanz- und verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.