Junge arabische Christen zur Nahost-Bischofssynode in Rom

Ohne große Erwartungen

Bei der Nahost-Synode konzentriert sich die Diskussion auf die Marginalisierung der Christen in der Region und die Gründe für diese Entwicklung. Doch junge Christen in den nahöstlichen Ländern treibt nicht die Sorge über eine Islamisierung ihrer Gesellschaften um, sondern die Kritik an kirchlichen Institutionen.

Autor/in:
Mona Naggar
 (DR)

"Ich unterscheide nicht zwischen Christen und Muslimen. Aber ich bin stolz, Christin zu sein, und würde nie auf meine Religion verzichten", sagt Sandre Hammal. Die 17-jährige Abiturientin besucht jeden Freitagabend einen Bibelkreis in der katholisch-maronitischen Kirche ihres Viertels Burj Hammoud im Norden von Beirut.



In der Gruppe trifft sie auf junge Leute in ähnlichem Alter. Sie lesen gemeinsam einen Abschnitt aus der Bibel und diskutieren darüber. Dann verteilen sie untereinander ehrenamtliche Tätigkeiten, die sie in der Kirchengemeinde erledigen. Krankenbesuche gehören ebenso dazu wie Aufgaben beim Gottesdienst. Sandre engagiert sich in der kirchlichen Kinderbetreuung. Auch Mirna ist in der Jugendgruppe aktiv. Sie erzählt, dass sie und ihre Freunde bei weitem nicht den Durchschnitt der jungen Christen im Libanon repräsentieren.



Der Großteil der Kirchenbesucher und der aktiven Mitglieder in der Gemeinde seien ältere Menschen. Viele Gleichaltrige im Viertel würden sich wundern, dass sie regelmäßig zur Kirche geht, bekennt Mirna: "Ich muss ihnen teilweise recht geben. Die Predigten sind für viele unverständlich, sie haben mit dem Leben von jungen Leute nichts zu tun." Zur Kirchengemeinde von Burj Hammoud gehören rund 1.000 Familien. Nur etwa 60 Kinder und Jugendliche kommen regelmäßig in die Gemeinde.



"Gott gibt mir nicht die Dinge, die ich brauche"

Pater Daoud Hanna, katholischer Religionslehrer und verantwortlich für die Jugendgruppe in Burj Hammoud, hat die Erfahrung gemacht, dass der Glaube für die meisten jungen Menschen keine große Rolle spiele: "Gott gibt mir nicht die Dinge, die ich brauche, Arbeit, ein Auto oder eine Wohnung. Also warum soll ich mich um ihn kümmern, argumentieren sie."



Ähnliche Erfahrungen macht auch Zeina Abu Rousse. Die 28-Jährige ist verantwortlich für den Bezirk Beirut in der orthodoxen Jugendbewegung. Diese Bewegung ist sowohl im Libanon als auch in Syrien aktiv. Sie erlebt immer wieder, dass Kirchenvertreter auf die Jugendgruppen zugehen, sie in die Kirche einladen: "Aber konstruktive Gespräche über mögliche Veränderungen und Verbesserungen finden nie statt."



Wunsch: Mehr auf die Jugend hören

Hani Agayby ist aktives Mitglied im Weltverband christlicher Studenten. Der junge Katholik aus Ägypten registriert, dass die Kirche ihre frühere gesellschaftliche Vorreiterrolle in Sachen Armutsbekämpfung oder Bildung nunmehr eingebüßt habe: "Ich beobachte, dass die Kirche sich eingeigelt hat. Wahrscheinlich gibt es viele Gründe dafür - die wirtschaftliche Situation, der Druck der Gesellschaft und die politische Lage in der Region. Trotzdem muss die Kirche zu ihrer früheren Rolle zurückfinden."



Naila Hajjar ist 25 Jahre alt und im Verein Adyan aktiv, der sich im arabischen Raum für interreligiösen Dialog einsetzt. Hajjar macht sich keine große Sorgen um die christliche Präsenz im Nahen Osten: "Wir werden bleiben. Unsere Zahl nimmt ab, das stimmt. Aber das sollte für uns Ansporn sein, etwas dagegen zu tun, und nicht in Angst und Schrecken zu verharren." Wenn Naila ein Wunsch an die Synode frei hätte, dann würde sie den in Rom versammelten Bischöfen empfehlen, mehr auf die Jugend zu hören.