Jugendgottesdienst widmet sich Geistern der heutigen Zeit

"Die Geister gibt es heute auch noch"

Reformationstag und Halloween in einem Gottesdienst? Das hat die Evangelische Kirche in Köln geplant. Der theologische Referent Daniel Phan will dabei mit Jugendlichen auch über ihre eigenen Geister ins Gespräch kommen.

Von 18 bis 21 Uhr findet in der Christuskirche am Reformationstag der Jugendgottesdienst statt. / © gerd-harder (shutterstock)
Von 18 bis 21 Uhr findet in der Christuskirche am Reformationstag der Jugendgottesdienst statt. / © gerd-harder ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Haben Halloween und Reformation wirklich etwas miteinander zu tun oder fallen die beiden Feste nur zufällig auf den gleichen Tag?

Daniel Phan (Theologischer Referent bei der Evangelischen Jugend in Köln und Umgebung): Ich glaube, dass es gute Bezüge gibt, die es herzustellen gilt. Für uns ist vor allem wichtig, die Lebenswelten von Menschen, gerade von jungen Menschen, wahrzunehmen, ihre Sprache, ihre Themen, ihre Lebensrealitäten. Halloween gehört eben dazu. Und da hat man das große Glück, dass man gute Verknüpfungen finden kann.

DOMRADIO.DE: Im Gottesdienst wird es auch um ein Geisterproblem gehen. Was hat es damit auf sich?

Phan: Damit haben wir geworben: Die Geister sind los. Die Geister, die ich rief. Nun braucht es ein Gegenmittel, das es zu mischen gilt. Die Jugendlichen dürfen in verschiedenen Stationen mit verschiedenen Teams spielen und sich auf kreative, gruselige, eklige und lustige Art und Weise dem Thema Reformation nähern. Und dann hoffen wir, dass wir die Geister die gerufen worden sind, wieder einfangen können.

DOMRADIO.DE: Man könnte auch sagen, dass Halloween und Gottesdienst sich widersprechen. Stichwort: Geister und Aberglaube. Sehen Sie das nicht so?

Phan: Das sehe ich nicht so. Ich glaube, die Geister gibt es heute auch noch. Geister von Jugendlichen können zum Beispiel Leistungsdruck, unrealistische Schönheitsideale durch Instagram, Selbstzweifel und Stress sein. Das sind alles Themen, die in unserer Gesellschaft, gerade bei jungen Menschen eine große Rolle spielen. Diese Geister versuchen wir einzufangen. Ich glaube, die Botschaft des Evangeliums, dass Gott uns so liebt, wie wir sind, kann ein tiefes Urvertrauen hervorbringen. Das ist eine ganz starke Botschaft. Und die ist hochaktuell, gerade in dieser heutigen Zeit.

Daniel Phan, Theologischer Referent bei der Evangelischen Kirche in Köln

"Geister von Jugendlichen können zum Beispiel Leistungsdruck oder unrealistische Schönheitsideale sein"

DOMRADIO.DE: Im Internet schreiben Sie, dass Sie Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen anderen Zugang zu Spiritualität geben wollen. Wie müssen wir uns das in dem Fall heute Abend vorstellen?

Phan: Wir versuchen, die Botschaft der Reformation groß werden zu lassen. Die Botschaft der Reformation lautet, dass die Kirche sich immer wieder neu verändern muss. Und ich glaube, indem wir die verschiedenen Lebensrealitäten von jungen Menschen mit einbeziehen, können wir dem Anspruch der Reformation gut nachkommen. Es geht darum neue Wege zu entdecken, neue Ausdrücke einer wunderbaren Botschaft zu entdecken und Jugendlichen nochmal ganz neu zu bringen was es bedeutet Christ in der heutigen Gesellschaft zu sein.

DOMRADIO.DE: Erreichen Sie mit solchen Angeboten eher Jugendliche, die der Kirche eh schon verbunden sind oder kommen da auch Jugendliche, die sonst nicht viel mit der Kirche zu tun haben?

Phan: Erfahrungsgemäß ist es so, dass die Angebote vor allem Konfirmanden unserer Kirchen erreichen. Das Schöne ist aber, und das spricht sich mittlerweile herum, dass wir ein gutes Angebot haben und dass die Jugendlichen ihre Freunde einladen können und sich dafür nicht schämen, sondern sagen: 'Hey, das ist eine coole Aktion.' Da merken wir schon, dass es ganz klar Jugendliche sind, die der Kirche zugewandt sind, aber auch mehr und mehr Jugendliche, die mitgenommen werden. Wir rechnen mit 130 bis 150 Jugendlichen und da freuen wir uns drüber und sind sehr gespannt, wie das wird.

Das Interview führte Michelle Olion.

Reformationstag

Am 31. Oktober gedenken Protestanten der Reformation. 1517, einen Tag vor Allerheiligen, hat der Augustinermönch Martin Luther (1483-1546) in 95 Thesen die damalige Ablasspraxis der Kirche kritisiert. Dass er sie an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen hat, wie es zahlreiche Bilder darstellen, bezweifeln neuere Forschungen. Die Veröffentlichung der Thesen löste gleichwohl weltweit Veränderungen aus.

Reformationstag (dpa)
Reformationstag / ( dpa )
Quelle:
DR