Journalist Otzelberger hat prominente Senioren für Buch interviewt

Weder gebrechlich noch unnütz

Elke Heidenreich, Marie-Louise Marian und Alice Schwarzer: Diese und weitere agile Prominente im besten Alter hat der Bunte-Reporter Manfred Otzelberger porträtiert. Doch was ist das Geheimnis für eine aktive Zeit als Senior?

Autor/in:
Heike Sicconi
Symbolbild Senioren / © Olena Yakobchuk (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie haben viele Jahre als Reporter für die Bunte mit Stars aus Politik, Wirtschaft und Showbusiness zu tun gehabt. Sind die Promis in Ihrem neuen Buch überhaupt repräsentativ für die alte Generation? 

Manfred Otzelberger (Autor und Journalist): Das sind natürlich Menschen, die ihren Beruf lieben und die immer wieder Erfolgserlebnisse hatten – und das trifft natürlich nicht auf jeden Menschen zu. Diese prominenten Menschen sind ja alle Kopfarbeiter, aber ich denke, man kann sich trotzdem auch als Normalbürger sehr viel von ihnen abschauen. Denn das, was diese Menschen eint, ist ein bestimmtes Prinzip: Arbeit ist das beste Anti-Aging. Sie sind nie in ein Rentenloch gefallen, sie haben auch nie von der Rente mit 63 geträumt, sondern sie haben sich einfach das selbstbestimmte Arbeiten weiter bewahrt. 

Elke Heidenreich / © Johannes Schröer (DR)
Elke Heidenreich / © Johannes Schröer ( DR )

DOMRADIO.DE: Haben Sie ein Beispiel für uns? 

Otzelberger: Elke Heidenreich, zum Beispiel, hat im letzten Jahr ihren größten Bucherfolg mit dem Buch "Altern” gehabt. Sie hat Lust und Last des Alterns sehr realistisch beschrieben, wobei bei ihr deutlich die Lust überwiegt. Heidenreich sagt eben, sie ist mit 82 glücklicher als sie es mit 20 war. Denn damals war sie orientierungslos, hat in einer kleinen Wohnung gelebt, konnte sich gar nicht mit ihrem Freund einfach so in einem Hotel treffen. Es hat sich für sie also ganz viel positiv verändert. Für diese Generation ist es ja eigentlich auch immer nur aufwärts gegangen. Diese Lebenslust strahlen nach wie vor ganz viele Menschen aus – viel mehr, als wir uns vorstellen. 

DOMRADIO.DE: Was macht ältere Menschen beim Älterwerden überhaupt gelassen und glücklich? 

Otzelberger: Ich denke, dieser Rückblick auf die Lebensleistung ist das eine. Aber sie schauen eben auch nach vorn. Sie sind neugierig und Neugier ist kein Privileg der Jugend, Neugier ist ein Lebenselixier. Sie lernen neue Menschen kennen, sind aktiv und agil und wollen sich einfach nicht in eine Schublade stecken lassen. Man denkt ja immer, wenn jemand 80 Jahre alt ist, ist er auf dieselbe Art 80, wie alle anderen auch. Nein, es sind sehr individuelle Biografien. Alice Schwarz leitet zum Beispiel auch mit über 80 nach wie vor die Emma und hat eine riesige Energie. Mir ging es einfach darum, dass man das Alter, dieses letzte Lebensdrittel oder letzte Lebensviertel von dem Image der Gebrechlichkeit, des Unnützen oder der Sinnlosigkeit befreit.

DOMRADIO.DE: Gibt es auch jemanden für den der Glaube eine Stütze beim Älterwerden ist? 

Otzelberger: Theo Weigel zum Beispiel ist ein Christ. Das zeigt sich nicht nur darin, dass er in der CSU war, sondern auch darin, das er ein kritischer Christ ist, der wirklich diese Grundlage in sich trägt. Und Theo Weigel hat seitdem er mit seiner Traumfrau Irene Epple, der ehemaligen Skirennläuferin, zusammen ist, auch nochmal eine ganz andere Lebenslust. Er arbeitet nach seiner politischen Laufbahn wieder als Anwalt in der Kanzlei seines Sohnes. Das ist für ihn sehr befriedigend. 

Manfred Otzelberger

"Das Alter bringt eine gewisse Gelassenheit mit sich. Man erlangt die Fähigkeit zu verzeihen und das ganze Leben in das Wesentliche und das Unwesentliche zu unterteilen. "

DOMRADIO.DE: Sie haben es jetzt angesprochen: Theo Weigel hat ganz offen über die Liebe gesprochen und darüber, dass er auch mit ehemaligen politischen Gegnern aus anderen Parteien heute teilweise ein freundschaftliches Verhältnis pflegt. Gehört so eine gewisse Großherzigkeit dazu, damit man gut durchs Alter kommt? 

Otzelberger: Das Alter bringt eine gewisse Gelassenheit mit sich. Man erlangt die Fähigkeit zu verzeihen und das ganze Leben in das Wesentliche und das Unwesentliche zu unterteilen. Theo Weigel war zum Beispiel oft bei Helmut Schmidt zu Gast. Da ist die Zeitgenossenschaft viel prägender als die politischen Unterschiede, die man dem anderen im Alter eher nachsehen kann.

Margot Friedländer / © Tobias Schwarz/AFP Pool (dpa)
Margot Friedländer / © Tobias Schwarz/AFP Pool ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie sind selber schon 66 Jahre alt. Gibt es einen Prominenten, von dem Sie sagen: Da gucke ich mir jetzt etwas davon ab, wie sie mit dem Alter umgehen? 

Otzelberger: Ich gucke mir von allen etwas ab. Aber ich fand zum Beispiel Eva Umlauf sehr beeindruckend. Sie ist die jüngste Auschwitz-Überlebende, die mit zwei Jahren gemeinsam mit ihrer Mutter dorthin verschleppt wurde. Jetzt hat sie mit 82 Jahren das Amt der Präsidentin des Internationalen Auschwitz-Komitees übernommen. Sie vertritt die 2.400 noch lebenden ehemaligen KZ-Häftlinge und ich finde, in ihrem Alter ist das wirklich beeindruckend. Auch Margot Friedländer ist da das größte Vorbild. Sie kam mit 88 Jahren aus New York zurück und hat dann noch eine ganz große Laufbahn in Berlin hingelegt. Jetzt ist sie mit 103 Jahren gestorben. Das zeigt einfach, dass Menschen mit über 80 noch sehr viel zustande bringen können.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Quelle:
DR

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