Journalist erwartet in Österreich neue Kirchenfinanzierung

"Treten in eine Ära der Säkularisierung ein"

Das Erzbistum Wien hat sich wegen roter Zahlen einen harten Sparkurs verordnet. Auch Kirchenmedien sind betroffen. Der Journalist Klaus Prömpers hält die Sparmaßnahmen für notwendig. Die Kirche müsse künftig anders an Geld kommen.

Symbolbild Kirche in Österreich / © schusterbauer.com (shutterstock)
Symbolbild Kirche in Österreich / © schusterbauer.com ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Harter Sparkurs in Wien. Haushaltsdefizite kommen normalerweise nicht aus heiterem Himmel. Das Erzbistum Wien verzeichnete vor zwei Jahren ein ausgeglichenes Budget Einnahmen von rund 141 Millionen Euro. Was ist seitdem geschehen?

Klaus Prömpers (DR)
Klaus Prömpers / ( DR )

Klaus Prömpers (Journalist und Experte für die österreichische Kirche): Da war es auch nicht ganz ausgeglichen. Auch im Jahr 2021 gab es einen Bilanzverlust von 34.000 Euro. Das ist nicht viel, aber seitdem gab es eine Energiepreis-Erhöhung ungeahnten Ausmaßes; eine Inflation, die wir auch so seit 40 Jahren nicht erlebt haben. Die hat alle Preise in die Höhe getrieben.

Das hat naturgemäß auch dazu geführt, dass die Gehälter der Angestellten angehoben worden sind. Die sind 2022 sogar nur moderat angehoben worden. Und dann kommt noch dazu, dass die Zahl der Katholiken sinkt. Wir hatten 2012 noch 1.258.000 Katholiken in Wien, jetzt nur noch 1.088.000. Es ist also absehbar, dass weniger Kirchenbeiträge hereinkommen. 2021 waren lagen die noch bei 109 Millionen Euro. Die werden in diesem Jahr wahrscheinlich das erste Mal unter 100 Millionen sein. Das heißt, da muss abgespeckt werden. Und da muss überlegt werden, wo man das macht.

Klaus Prömpers

"Für die Kirchenzeitung ist das sehr gefährlich."

DOMRADIO.DE: Im Erzbistum Wien ist von einem harten Sparkurs die Rede. Alle Dienststellen und Einrichtungen kommen auf den Prüfstand. Die Kirchenzeitung "Der Sonntag" und der Sender "Radio Klassik Stephansdom" sollen spätestens ab 2026 keine Bistumsgelder mehr erhalten. Sind Arbeitsplätze akut in Gefahr?

Prömpers: Der Sprecher der Diözese sagte, die Arbeitsplätze seien nicht in Gefahr. Das liegt zum Teil auch daran, dass viele ältere Mitarbeiter in Pension gehen. Aber für die Kirchenzeitung ist das sehr gefährlich, denn die hat in der Tat nur noch 8.000 bis 9.000 zahlende Abonnenten bei 14.000 gedruckten Exemplaren. Da muss man sich die Frage stellen, ob das noch zeitgemäß ist. Auch die älteren Mitbürger, die über 70 und älter sind, können im Internet nachschauen, was in ihrer Pfarrgemeinde oder in der Nachbargemeinde los ist.

DOMRADIO.DE: Wie schauen sie als Journalist darauf, dass gerade bei den Medien gespart werden soll?

Prömpers: Die gedruckte Kirchenzeitung als solche halte ich für überflüssig in der heutigen Zeit. Die kann man ins Internet verlegen. Dann braucht man aber auch weiter eine Redaktion, man wird nicht alle rausschmeißen können. Das Klassik Radio Stephansdom muss sehen, dass es andere Geldgeber findet. Es gibt den öffentlich-rechtlichen Radiosender Österreich 1, aber der macht über die klassische Musik hinaus noch sehr viele andere Dinge. Da finden sich möglicherweise Financiers. Man wird darauf achten müssen, dass sich die kirchlichen Inhalte der Sender nicht überschneiden, sondern ergänzen. Da kenne ich nur selber keine konkreten Einschaltzahlen. Insofern muss man auch über die Frage nachdenken, ob es sich wirklich lohnt, diese Art Radio zu vertreiben, oder ob da die Zukunft möglicherweise auch im Internet liegt.

Klaus Prömpers

"Ich glaube, er hat sich persönlich nichts vorzuwerfen, was die Austritte angeht."

DOMRADIO.DE: Kardinal Schönborn galt immer als Hoffnungsträger der österreichischen Kirche. Er vollendet 2025 sein 80. Lebensjahr und wird dann vermutlich in den Ruhestand gehen. Welches Licht wirft dieser von ihm verordnete harte Sparkurs auf ihn?

Prömpers: Er hat die Kirche nach den Wirren seiner beiden Vorgänger durchaus konsolidiert. Man kann ihm nicht allein die Schuld zuschieben, dass es nun massenweise Austritte gibt. Die Missbrauchs-Tatsachen, die in den vergangenen 60 bis 70 Jahren geschaffen worden sind, hat er ja nun nicht zu verantworten. Seit etlichen Jahren gibt es in der katholischen Kirche Österreichs einen Null-Toleranz-Kurs zu diesen Fällen, der auch weitgehend erfolgreich zu sein scheint.

Ich glaube also, er hat sich persönlich nichts vorzuwerfen, was die Austritte angeht. Wir treten in eine Ära der Säkularisierung ein, stärker als wir sie früher gehabt haben. Und wir müssen deswegen gerade in den Ländern wie Deutschland oder Österreich damit rechnen, dass die Kirche weniger Geld durch Kirchensteuer oder Kirchenbeiträge zugeführt bekommt. Wir müssen darum werben. Und das ist natürlich eine neue Situation, auf die sich auch die Kirche hier in Österreich noch nicht so richtig eingestellt hat.

DOMRADIO.DE: Welche Hemmschwellen gilt es da zu überwinden?

Klaus Prömpers

"Man muss eine neue Motivation und neue Wege finden, mit den Menschen zu sprechen und sie dazu bewegen, mehr als nur den Notopfer-Groschen am Sonntag in der Kirche in den Klingelbeutel zu tun."

Prömpers: Man muss eine neue Motivation und neue Wege finden, mit den Menschen zu sprechen und sie dazu bewegen, mehr als nur den Notopfer-Groschen am Sonntag in der Kirche in den Klingelbeutel zu tun. Es geht ja um größere Beträge, über die wir hier sprechen.

Wenn wir nur in der Erzdiözese Wien einen Gesamthaushalt von 141 Millionen Euro haben, aber nicht mehr so viel Geld reinkommt, muss man die Menschen neu ansprechen, auch die Wohlhabenderen, ohne sich in die Gefahr der Abhängigkeit zu begeben und deren Willen zu exekutieren.

Das sieht man derzeit beispielsweise in den USA, wo die Wohlhabenden reichlich die Kirche bedenken, aber mit dem Hintergedanken, dass die katholische Soziallehre, die ja die Fixierung auf die Armen vorsieht, dann möglichst nicht so breit propagiert wird.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Radio Klassik Stephansdom

Radio Klassik Stephansdom ist ein Klassiksender der Erzdiözese Wien. Die Studios befinden sich in der Singerstraße in der Nähe des Stephansdoms. Der Sendestart in Wien war am 24. September 1998 als Radio Stephansdom, mit 1. Juni 2015 wurde der Sender in Radio Klassik Stephansdom umbenannt. Gesendet wird seit Anbeginn über eine Anlage am Donauturm auf der Frequenz UKW 107,3 MHz, zu empfangen ist Radio Klassik Stephansdom in Wien und Umgebung sowie im südlichen Niederösterreich. Seit 10.

Der Stephansdom in Wien / © Heracles Kritikos (shutterstock)
Der Stephansdom in Wien / © Heracles Kritikos ( shutterstock )
Quelle:
DR