Jeffries ist erster schwarzer Sprecher im Repräsentantenhaus

In der Bibel und im Hip-Hop zu Hause

Mit Hakeem Jeffries vollziehen die US-Demokraten nicht nur einen Generationswechsel. Der 52-jährige New Yorker Baptist, dessen Amtszeit am an diesem Dienstag beginnt, ist auch der erste Afroamerikaner an ihrer Fraktionsspitze.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Hakeem Jeffries / © J. Scott Applewhite (dpa)
Hakeem Jeffries / © J. Scott Applewhite ( dpa )

Der Mann ist ein stiller Bekenner. Öffentlich hält sich Jeffries mit Äußerungen über seinen Glauben bedeckt. In Interviews erfährt man nahezu nichts über den praktizierenden Baptisten aus Brooklyn.

Seine politischen Reden sind jedoch gespickt mit Bibelzitaten, bei denen er fast ohne Manuskript auskommt. Diese Leichtigkeit beim freien Sprechen hat er sich in seiner Jugend von Predigern in der schwarzen "Cornerstone Baptist Church" abgeschaut.

Jedes Jahr 100 Kirchen besuchen

Seitdem blieb er auf Tuchfühlung. Der Abgeordnete des 8. Kongressbezirks von New York schaffte es, jedes Jahr rund 100 Kirchen in seinem Wahlkreis zu besuchen.

Jeffries hat sein Talent, komplizierte Sachverhalte mit großer emotionaler Kraft zu vermitteln, sicher auch von dort. Es ist heute ein Markenzeichen des ranghöchsten Schwarzen in der US-Politik, seit Barack Obama und Kamala Harris. Er ist jemand, der "so wahrscheinlich aus der Bibel zitiert, wie aus Hip-Hop-Texten der 1990er Jahre", beschreibt ihn die "New York Times".

Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, informiert Journalisten während einer Pressekonferenz im Kapitol. / © J. Scott Applewhite/AP (dpa)
Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhauses, informiert Journalisten während einer Pressekonferenz im Kapitol. / © J. Scott Applewhite/AP ( dpa )

Mit dem neuen Führer der Demokraten im Repräsentantenhaus vollzieht die Partei einen Generationswechsel. Mit seinen 52 Jahren ist Jeffries nicht nur 30 Jahre jünger als seine Vorgängerin Nancy Pelosi. Er pflegt auch äußerlich einen anderen Stil. Zum klassischen Anzug trägt er schon mal Turnschuhe.

Aber wie Pelosi versteht er es, die Flügel der Partei hinter sich zu scharen. Kein Wunder, dass er nach den Zwischenwahlen im November ohne Gegenkandidaten per Akklamation an die Spitze der Fraktion rückte. Seine Amtszeit beginnt am 3. Januar beim Zusammentreten des neuen US-Kongresses.

Zugang zu straffreien Schwangerschaftsabbrüchen

"Es gibt nichts, was mehr vereint, als in der Minderheit zu sein", erklärte Jeffries nach seiner einstimmigen Wahl. Ziel der Demokraten sei es, die Mehrheit zurückzugewinnen, "damit wir große Dinge für gewöhnliche Amerikaner leisten können". Dazu zählt seine Unterstützung etwa für den Zugang zu straffreien Schwangerschaftsabbrüchen. Bei diesem Thema schießt er scharf gegen republikanische Abtreibungsgegner, die er als "extrem" bezeichnet, weil diese "Abtreibungen kriminalisieren".

Eindeutig auch seine Haltung zu Israel, für dessen Existenzrecht er uneingeschränkt einsteht. Israel sollte nicht gezwungen werden, "sich für seine Stärke zu entschuldigen", sagte er schon 2014 auf einer Kundgebung.

Demonstration für Abtreibungsrecht in Kalifornien / © Pat Mazzera (dpa)
Demonstration für Abtreibungsrecht in Kalifornien / © Pat Mazzera ( dpa )

Der im Einwanderer-Viertel Crown Heights von Brooklyn aufgewachsene Jeffries gilt als geschmeidiger Zentrist. Er ist das Gesicht einer neuen Generation, lobt ihn die Führerin der Linken in der Fraktion, Pramila Jayapal, "der uns im 118. Kongress gut für die Herausforderungen vor uns positioniert".

Dabei folgte Jeffries eher einem traditionellen Pfad auf dem Weg an die Spitze der Fraktion. Er studierte Politik und Jura, bevor er als Anwalt für renommierte Kanzleien arbeitete. Er stieg in die New Yorker Politik ein und schaffte es 2006 erstmals in das Parlament des Bundesstaates. Mit Ehrgeiz und Fleiß arbeitete er sich dort zum ersten schwarzen Speaker hoch. Der zweifache Vater machte sich einen Namen mit dem Einsatz gegen Polizeigewalt, der hauptsächlich junge Angehörige von Minderheiten zum Opfer fielen.

Vor zehn Jahren Sprung ins Repräsentantenhaus

2012 gelang der Sprung ins US-Repräsentantenhaus. Dort fand Jeffries in Pelosi eine Förderin, die ihm erlaubte, sich während des ersten Amtsenthebungsverfahrens gegen den damaligen Präsidenten Donald Trump zu profilieren.

Er gehörte zu den "Managern" des Repräsentantenhauses, die im Senat die Anklage gegen den Ex-Präsidenten vortrugen. Dabei stellte er seine bibelfeste Schlagfertigkeit unter Beweis, als er einen Zwischenrufer von der Bühne, der gegen das Impeachment protestierte, mit Psalm 37 konterte.

Kuzifix und US-Fahne / ©  Tyler Orsburn (KNA)
Kuzifix und US-Fahne / © Tyler Orsburn ( KNA )

"Denn der Herr liebt Gerechtigkeit und lässt keinen im Stich, der treu zu ihm steht."

Großen Unterhaltungswert bewies er auch im Dialog mit einem Anwalt Trumps, der das Amtsenthebungsverfahren grundsätzlich infrage stellte. Der Kongress müsse den Tatsachen und dem Gesetz folgen, sagte Jeffries nüchtern. Um dann tief in seinen Zitaten-Fundus zu greifen und den Hip-Hopper Biggie Smalls zu zitieren, der, wie er, aus Brooklyn stammt. "Wenn du es nicht wusstest, dann weißt du es jetzt."

Quelle:
KNA