Nancy Pelosi verlässt nach 20 Jahren die politische Bühne

"Exkommunizierte" Katholikin

Sie hat fünf Kinder großgezogen und zugleich als Politikerin Geschichte geschrieben. Dennoch würden manche die praktizierende Katholikin Nancy Pelosi, die nun von der politischen Bühne abtritt, am liebsten exkommunizieren.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Nancy Pelosi / © Mariam Zuhaib (dpa)
Nancy Pelosi / © Mariam Zuhaib ( dpa )

Ausgerechnet mit einem höchst "katholischen" Thema meldete sich die Sprecherin des US-Kongresses kurz vor ihrem Ausscheiden: "Paul und ich trauern gemeinsam mit unseren katholischen Mitchristen um Papst Benedikt XVI.: einen globalen Führer, dessen Hingabe, Gelehrsamkeit und hoffnungsvolle Botschaft die Herzen von Menschen aller Glaubensrichtungen bewegte", twitterte Nancy Pelosi am Samstag auch namens ihres Ehemanns Paul.

Das gepostete Foto zeigt Pelosi, wie sie dem damaligen Papst bei seinem USA-Besuch 2008 den Ring küsst. Darunter kommentiert ein User: "War das bevor oder nachdem Sie für Abtreibung gestimmt haben?"

Erzbischof verweigerte ihr die Kommunion

Die Zeilen illustrieren das Spannungsfeld, in dem sich die praktizierende Katholikin und erste Frau im dritthöchsten amerikanischen Staatsamt seit Jahrzehnten sieht: Leidenschaftlich tritt die 82-Jährige für die Möglichkeit einer straffreien Abtreibung ein.

Erzbischof Salvatore Joseph Cordileone / © Romano Siciliani/Agenzia Romano Siciliani (KNA)
Erzbischof Salvatore Joseph Cordileone / © Romano Siciliani/Agenzia Romano Siciliani ( KNA )

Viele Kleriker, insbesondere im konservativ geprägten US-amerikanischen Episkopat, sehen das als scharfen Widerspruch gegen den Lebensschutz. Der Erzbischof ihrer Heimatstadt San Francisco, Salvatore Cordileone, verweigerte ihr im Mai sogar die Kommunion.

Von Papst Franziskus wurde sie dagegen kurz darauf herzlich empfangen. Und bei einer Messe Ende Juni im Vatikan konnte sie ungehindert an der Eucharistie teilnehmen.

Hakeem Jeffries soll Nachfolger werden

Am Dienstag tritt Pelosi, fünffache Mutter und neunfache Großmutter, nach Jahrzehnten von der großen politischen Bühne ab. Zuletzt war sie Sprecherin im Repräsentantenhaus, wo sie seit 20 Jahren die demokratische Fraktion anführt.

Papst Franziskus begrüßt Nancy Pelosi / © Divisione Produzione Fotografica/Vatican Media/AP (dpa)
Papst Franziskus begrüßt Nancy Pelosi / © Divisione Produzione Fotografica/Vatican Media/AP ( dpa )

Nach der ersten Frau in dem Posten folgt nun der erste Schwarze an der Spitze einer der großen Kongress-Parteien und dieser Kammer - in der künftig die Republikaner das Sagen haben. Aber damit wird sich ab Dienstag Pelosis Nachfolger Hakeem Jeffries (52) befassen dürfen.

17 Mal wiedergewählt

Nancy Patricia Pelosi kam am 26. März 1940 in Baltimore/Maryland als jüngstes von sieben Kindern der italienischen Einwandererfamilie D'Alesandro zur Welt. Pelosi schloss ihr Politik-Studium am katholischen Trinity College in Washington 1962 mit dem Bachelor-Grad ab. Seit 1963 ist sie mit dem inzwischen pensionierten Unternehmer Paul F. Pelosi verheiratet.

1969 begann sie, sich in San Francisco bei den Demokraten zu engagieren. 1987 wurde sie bei einer Nachwahl erstmals ins Repräsentantenhaus gewählt. In ihrem linksliberal geprägten Wahlkreis wurde sie 17 Mal wiedergewählt.

Themen mit Zündstoff

Zu ihren Themen gehören neben dem Einsatz für straffreien Schwangerschaftsabbruch, dem Kampf gegen Aids und für die Rechte von Homosexuellen Bildung, bezahlbarer Wohnraum und Umweltschutz.

Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, unterzeichnet den Respect for Marriage Act. / © Andrew Harnik/AP (dpa)
Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, unterzeichnet den Respect for Marriage Act. / © Andrew Harnik/AP ( dpa )

Zur Persona non grata in China wurde sie durch eine Gesetzesinitiative, die sie nach der blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz in Peking 1989 einbrachte, wonach chinesische Studenten in den USA Asyl erhalten sollten. Auch jüngste Besuche im diplomatisch umstrittenen Taiwan erregten Empörung in Peking.

Erfolgreiche Politik

Die stets als pragmatisch wie meinungsstark geltende Politikerin votierte 2002 gegen den Irakkrieg, aber stimmte für Sanktionen gegen Syrien und Iran. Während der Amtszeit des demokratischen Präsidenten Barack Obama galt Pelosi, die von 2007 bis 2011 und erneut ab 2019 Sprecherin des Repräsentantenhauses war, als treibende Kraft vieler Initiativen; darunter etwa die Gesundheitsreform "Obamacare" von 2010.

Nancy Pelosi / © Pablo Martinez Monsivais (dpa)
Nancy Pelosi / © Pablo Martinez Monsivais ( dpa )

Im Kampf um die Anerkennung der gleichgeschlechlichen Ehe errang sie im Dezember einen Erfolg: Sie unterschrieb gemeinsam mit Senatsführer Chuck Schumer den sogenannten "Respect for Marriage Act". Alle 50 Bundesstaaten müssen nun automatisch Ehen anerkennen, die - egal wo in den USA - gültig geschlossen wurden.

Verhasst bei den Rechten

Zuvor hatten die Pelosis Ende Oktober Traumatisches erlebt: Ein Einbrecher hatte den 82-jährigen Paul Pelosi in seinem Haus tätlich angegriffen und ihn mit einem Hammer schwer verletzt. Der Angriff habe vermutlich Nancy Pelosi gegolten, die zum Tatzeitpunkt nicht zu Hause war.

So hoch geachtet Pelosi im Lager derer ist, die die Demokraten wählen, so verhasst ist sie unter denen, die eher dem äußerst rechten Spektrum in den USA angehören.

Quelle:
KNA