Kölner Kirchen fordern Wiederaufnahme von EU-Seenotrettung

"Jedes Leben zählt"

Angesichts Tausender im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge fordern Kölner Kirchen mehr Engagement für die Seenotrettung. Auch dürfe das Klima in der Gesellschaft nicht von Hass gegen Flüchtlinge bestimmt werden, mahnen die Kirchen.

An der griechischen Küste angespülte Schwimmweste / © Tom Jastram (shutterstock)
An der griechischen Küste angespülte Schwimmweste / © Tom Jastram ( shutterstock )

Evangelische und katholische Kirchen in Köln fordern mehr europäisches Engagement bei der Seenotrettung von Flüchtlingen. "Angesichts der Notlage im Mittelmeer müssen Menschlichkeit und Nächstenliebe Vorrang haben", heißt es einer am Dienstag veröffentlichten gemeinsamen Erklärung des evangelischen Stadtsuperintendenten Bernhard Seiger und des katholischen Stadtdechant Monsignore Robert Kleine.

Außerdem weisen zwei große Banner an den Kirchen St. Agnes und der Lutherkirche in der Kölner Innenstadt auf das Sterben der Menschen im Mittelmeer hin. Die Aktion solle Orte zum Erinnern schaffen und den Ertrunkenen ein Stück Würde geben, hieß es. Anlass ist der "Internationale Tag der Migranten" am Mittwoch.

Erklärung unter dem Titel "Jedes Leben zählt"

"Die humanitär gebotene Seenotrettung im Mittelmeer sollte seitens der EU wiederaufgenommen werden", heißt es in der Erklärung unter dem Titel "Jedes Leben zählt". Erst in weiteren Schritten gehe es um die Prüfung der Fluchtursachen und eine Entscheidung über die Zukunft der geflüchteten Menschen.

Die Bekämpfung von Fluchtursachen sei "eine gewaltige und globale Aufgabe". Der Verweis auf diese Zusammenhänge dürfe aber nicht dazu führen, dass grundlegende Menschenrechte an den Grenzen der EU nicht mehr gelten und Menschen nicht aus Seenot gerettet werden.

Ausdrücklich unterstützen die Kölner evangelischen und katholischen Kirchen die zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Organisationen, die sich für die Seenotrettung und den Schutz von Geflüchteten einsetzen. Politiker seien gefordert, sich für sichere Fluchtrouten und eine humane Flüchtlingspolitik einzusetzen, hieß es weiter. Nötig sei zudem, dass das Klima der Gesellschaft nicht von Hetze und Hass gegenüber Geflüchteten bestimmt werde. "Es gilt, herrschenden Ängsten, Vorurteilen, aber vor allem rassistischen und nationalistischen Tendenzen und Gefahren entschieden zu begegnen."

Als Christen erhebe man die Stimme immer dann, wenn Menschen in ihrer Würde und Freiheit verletzt würden, erklärte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger. "Für uns in der Stadt Köln bedeutet das, aufmerksam und sensibel zu sein für die Bedürfnisse der Menschen, die zu uns kommen." Gemeinsam müsse in Politik, in den Kirchen und in der Wirtschaft dafür gesorgt werden, dass Menschen hierzulande eine neue Perspektive, Schutz und Sicherheit finden.

Kleine: Flüchtenden mit Nächstenliebe begegnen

Stadtdechant Kleine betonte, dass den Flüchtenden im Mittelmeer zuallererst mit Nächstenliebe zu begegnen sei: "Das berührt unser christliches Selbstverständnis." Die Zahl von 15.000 qualvoll Ertrunkenen im Mittelmeer "lässt einen sprachlos werden".

Kleine prangerte die Zustände in vielen Flüchtlingslagern an, die im eklatanten Gegensatz zu den Verhältnissen in den reichen Industrieländern stünden. Der katholische Theologe kritisierte eine Verschiebung beim Reden von dem Wert des Lebens: "Wenn bei uns eine Gewalttat geschieht, wird zuerst gefragt, welche Nationalität der Täter hat." Hier gebe es eine Unterscheidung zwischen den Guten und den anderen, den Bösen: "Und das Böse kommt über das Mittelmeer“, gibt Kleine ein Vorurteil wieder. "Das ist unerträglich. Hier müssen wir als Kirchen alles tun, um solchen rassistischen und nationalistischen Tendenzen zu begegnen."


Stadtdechant Robert Kleine / © Jörg Loeffke (KNA)
Stadtdechant Robert Kleine / © Jörg Loeffke ( KNA )

In ökumenischer Eintracht: Zum Schluss erteilen Pfarrer Klaus Thranberend und Stadtsuperintendent Bernhard Seiger den Segen. / © Beatrice Tomasetti (DR)
In ökumenischer Eintracht: Zum Schluss erteilen Pfarrer Klaus Thranberend und Stadtsuperintendent Bernhard Seiger den Segen. / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
epd