Israels Präsident und Franziskus sprechen über Nahost-Politik

Herzliche Atmosphäre und ernste Themen

Mit seinem Vorgänger Schimon Peres hatte sich Papst Franziskus sehr gut verstanden. Auch die erste Begegnung mit dem neuen israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin verlief herzlich. Die Themen freilich waren ernst.

Autor/in:
Johannes Schidelko
Israels Präsident Rivlin beim Papst am 03.09.15 (dpa)
Israels Präsident Rivlin beim Papst am 03.09.15 / ( dpa )

Freundlich, aber nicht immer konfliktfrei, so geht es zu, seit der Vatikan und Israel vor 21 Jahren - und damit erst recht spät - volle diplomatische Beziehungen aufgenommen haben. Und so erwartete man mit Spannung, wie der erste Besuch des neuen israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin beim Papst im Vatikan ausfallen würde. Mit dessen Vorgänger Schimon Peres (91) war der Kontakt ausgesprochen eng und herzlich. Franziskus zog sogar seine Heilig-Land-Reise vor, um noch dessen Amtsende mit Peres zusammenzutreffen. Und einen Monat später, im Juni 2014, kamen Peres und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas zum Friedensgebet in den Vatikan.

Die Audienz für Rivlin dauerte nun auch 30 Minuten: fast doppelt solang wie mit Staatsoberhäuptern üblich. Anschließend kam Rivlin mit Kardinalstaatssekretär Pietro Paroli und Außenminister Paul Gallagher zu einem vertiefenden Sachgespräch zusammen. Rivlin brachte dem Papst die Kopie eines Steins mit einer Inschrift aus dem 8. vorchristlichen Jahrhundert mit, in der erstmals von der Dynastie Davids die Rede ist. Und Franziskus verschenkte eine Medaille, die einen gespaltenen Felsen zeigt, aus dem ein Olivenbau wächst.

Ansonsten verrät die anschließende Vatikanerklärung viel über die Themen des Gesprächs, aber wenig über dessen Verlauf. Dass die politische und soziale Situation im Nahen Osten mit seinen diversen Konflikten im Vordergrund stand, lag auf der Hand. Ebenso, dass es im Besonderen um die Lage der Christen und anderer Minderheitengruppen ging. In diesem Zusammenhang bekräftigten die Gesprächspartner die Notwendigkeit des interreligiösen Dialogs und die Verantwortung der Religionsführer für Versöhnung und Frieden.

Ziel Zwei-Staaten-Lösung

Neben diesem religiösem Aspekt betonte der Vatikan aber auch seine politische Position zum Nahost-Konflikt: direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung. Es sei "notwendig und dringlich", ein Klima des Vertrauens zu schaffen und eine Einigung zu suchen, die die berechtigten Erwartungen beider Völker respektieren. Das wäre ein "fundamentaler Beitrag für Frieden und Stabilität in der Region", hält der Vatikan fest. Hier driften seine Positionen und die der Israelis auseinander. Seit Ende 2013 spricht der Vatikan regelmäßig vom "Staat Palästina", seit die Vereinten Nationen ihm einen Beobachterstatus zuerkannt haben - was Israel irritiert.

Weiter ging es bei den Begegnungen um bilaterale Fragen zwischen Israel und dem Heiligen Stuhl sowie zwischen israelischen Behörden und den örtlichen Kirchengemeinden. Seit Jahren verhandeln beide Seiten um ein Rechts- und Wirtschaftsabkommen, das offene Frage um Kirchenbesitz, Heilige Stätten und gemeinnützige katholische Einrichtungen regeln soll. Mehrfach wurde in den vergangenen Jahren ein unmittelbar bevorstehender Abschluss angekündigt. Jetzt wiederholten die hohen Gesprächspartner diesen Wunsch. Manche Beobachter meinen, diesmal könnte es tatsächlich bald ernst werden.

Lage der christlichen Schulen in Israel

Ausdrücklich nennt das Kommunique dann die Lage der christlichen Schulen in Israel, um die es in den vergangenen Tagen heftige Auseinandersetzungen gab. Seit die staatlichen Zuschüsse für die 48 katholischen Schulen immer weiter gekürzt werden, müssen die Forderungen an die Eltern ständig erhöht werden. Auf das israelische Angebot, die Privatschulen in staatliche Lehranstalten zu überführen, wollte die Kirche nicht eingehen. Mit dem Anspruch auf christliche Erziehung wäre es damit vorbei. Welche Antwort Rivlin gegeben hat - der als Staatsoberhaupt nicht für die Tagespolitik zuständig ist - nicht bekannt.

Ein weiteres Thema hatte Rivlin selbst angekündigt. Als er nach dem jüngsten Brandanschlag jüdischer Extremisten auf das Kloster Tabgha in Nordisrael den Tatort aufsuchte, versprach er, darüber mit dem Papst zu sprechen. Damals verurteilte er diesen "Akt der Blasphemie", versicherte den Schutz der Religionsfreiheit für alle Glaubensgemeinschaften und unterstrich die Rolle der Christen. Der Papst wird es gerne gehört haben.


Quelle:
KNA