Interview mit dem Bamberger Erzbischof Ludwig Schick zum reformierten Arbeitsrecht

"Chance, dass wir als Kirche in der Gesellschaft aktiv bleiben"

Das reformierte kirchliche Arbeitsrecht ist nicht liberaler, sondern vor allem fordernder. Das sagt der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick im domradio.de-Interview. Weiterhin müssten alle Mitarbeiter die Ziele der Katholischen Kirche mittragen.

Erzbischof Ludwig Schick / © Sonja Krebs (Erzbistum Bamberg)

domradio.de: Innerkirchlich hat es insgesamt viel Lob für die Reform gegeben. Worin sehen Sie mit dieser überarbeiteten Grundordnung eine Chance für die Katholische Kirche?

Ludwig Schick (Erzbischof von Bamberg): Eigentlich ist die neue Ordnung fordernder als die bisherige. Bei der Einstellung eines Mitarbeiters soll genau darauf geschaut werden, wer eingestellt wird. Und auch bei möglichen Entlassungen und Versetzungen soll genau hingeschaut werden, wie man damit umgeht. Es bleibt ja dabei, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Kirche mittragen und das verwirklichen sollen, was Kirche eigentlich will. Jetzt geht man differenzierter mit den Mitarbeitern um - auch abhängig davon, in welcher Position sie tätig sind. Insgesamt gibt die Neuordnung die Chance, dass wir als Kirche aktiv in der Gesellschaft bleiben.  

domradio.de: Wie immer bei Änderungen gibt es auch Stimmen, die nicht zufrieden sind. So haben sich die Gewerkschaften einen weitergehenden Einfluss gewünscht, und auch der Bund der katholischen Jugend bemängelt, dass die Reform nicht weit genug gehen würde. Welche Reaktionen haben Sie bislang erlebt?

Schick: Die Neuordnung ist nicht liberal, sie ist differenzierter - und zwar um das zu erreichen, was Kirche erreichen will: Nämlich die Botschaft Jesu Christi weitergeben. Es gibt immer Menschen, denen die Reform nicht weit genug geht. Aber ich glaube, Kirche muss auch in einer pluralen Gesellschaft identifizierbar sein. Man muss wissen: Hier ist Kirche drin und da kann ich erwarten, dass sie entsprechend ihren Werten wirkt. Das muss bewahrt bleiben. In unserer Gesellschaft müssen verschiedene Akteure mitwirken - die Kirche ist einer davon. Ich denke, die neue Grundordnung hilft dabei, dass das so ist und bleibt.

domradio.de: Jeder Bischof muss für sein Bistum die erneuerte Grundordnung beschließen - gehen Sie davon aus, dass das jeder tun wird?

Schick: Wenn der ein oder andere das nicht tut, oder erst später tut, ist das möglich. Es wäre natürlich gut, wenn die, die sich noch nicht mit der neuen Ordnung zufrieden geben konnten, noch einmal darüber nachdenken. Wir warten ab.  

domradio.de: Falls doch nicht alle 27 Bistümer mitziehen: Gäbe es dann ein Zwei-Klassen-Arbeitsrecht?

Schick: Sowohl die alte als auch die neue Grundordnung tragen ja den Mitarbeitern auf, dass sie mit und in der Kirche und auch für die Gesellschaft wirken. Daran ändert sich ja nichts.

domradio.de: Im Internet gibt es auf einschlägigen Portalen auch lautstarke Kritik an der Reform. Sie sei ein weiterer Versuch, das Eheverständnis der katholischen Kirche aufzuweichen, weil nun eine Wiederheirat nicht zur Kündigung führt. Kirchliche Einrichtungen wie die Caritas würden so verweltlicht werden - halten Sie diesen Vorwurf für gerechtfertigt?

Schick: Man muss sich mit solchen Vorwürfen auseinandersetzen. Es war ja auch bisher schon so, dass Menschen, die nicht entspreched den kirchlichen Normen leben, in verschiedenen Funktionen weiterhin tätig sein konnten. Jetzt wird bei noch mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern immer überlegt, ob die Stelle gewechselt oder eine Kündigung ausgesprochen werden muss. Das ist differenzierter als bisher, aber nicht total anders. Ich glaube, wenn man differenzierter mit dem Thema umgeht, kann man bei Mitarbeitern und auch in der Gesellschaft größeres Vertrauen erwecken. Das Ganze kann sich auch sehr positiv für die Kirche und unseren Auftrag in der Gesellschaft auswirken. Das erhoffe ich und dafür werbe ich. 

 

Die Fragen stellte Susanne Becker-Huberti.


Quelle:
DR