domradio.de: Eine Reform ist ja meist ein Zeichen für frischen Wind: Ist das neue Arbeitsrecht ein Beispiel dafür, dass ein anderer, ein frischerer Wind durch alte Kirchenmauern weht?
Ludwig Ring-Eifel (Chefredakteur Katholische Nachrichten-Agentur): Ich sehe diese Änderung alleine noch nicht als Zeichen eines frischen Windes. Und zwar, weil man hier doch einem gewissen Druck nachgegeben hat, der sich auf dem Arbeitsmarkt gezeigt hat. Es war ein Problem, Mitarbeiter zu finden, zum Beispiel Ärzte in katholischen Krankenhäusern. Und auch die Medien haben ja darauf aufmerksam gemacht, dass beim alten kirchlichen Arbeitsrecht viele Fälle von Doppelmoral und Scheinheiligkeit existierten, die einfach ärgerlich waren.
Die Lockerung des Arbeitsrechts allein ist aber noch kein frischer Wind. Frischer Wind wäre es dann, wenn es gelänge, das Positive, das eine kirchliche Einrichtung von anderen Einrichtungen unterscheidet, künftig überzeugender rüberzubringen: durch den Spirit, der in einer katholischen Einrichtung herrscht, oder durch die Art und Weise, wie man dort mit Menschen umgeht oder durch praktizierte Nächstenliebe. Wenn das gut rüberkommt, dann braucht man dieses Korsett der Verbote aus dem alten Arbeitsrecht nicht mehr.
domradio.de: Sie sind ja auch ein Chef. Wie kann denn so ein Spirit, von dem Sie sprechen, oder Nächstenliebe bei der Arbeit rüberkommen?
Ring-Eifel: Das hat viel mit dem Arbeitsklima zu tun und damit, dass man weiß, auf welcher Grundlange man arbeitet und was es bedeutet, dass man katholisch ist und die Botschaft Jesu Christi der Grund unseres Handelns ist. Man kann nicht sagen, wir sind eine Organisation wie jede andere auch. Es muss, wo katholisch drauf steht, auch katholisch drin sein.
domradio.de: Die Bistümer können der Empfehlung des reformierten kirchlichen Arbeitsrechts nachgehen und sie umsetzen – oder auch nicht, denn ein Drittel der Bischöfe haben ja dagegen gestimmt. Muss man nun davon ausgehen, dass in manchen Bistümern diese Reform nicht umgesetzt wird?
Ring-Eifel: Das heißt, dass diejenigen Bischöfe, denen das neue Arbeitsrecht zu weit geht oder denen das zu unklar formuliert ist, niemand dazu zwingen kann, die Reform in ihren Bistümern zu übernehmen. Dann hätten wir allerdings erstmals nach dem Krieg den Umstand, dass unterschiedliche arbeitsrechtliche Voraussetzungen in unterschiedlichen Bistümern gelten. Das wäre nicht schön, aber damit könnte man leben.
Die Fragen stellte Susanne Becker-Huberti.