Per Internet organisieren Kolumbianer Protestmarsch gegen Gewalt

Kolumbianischer Rosenmontagszug

Die Initiatoren rechnen mit vielen hunderttausend Teilnehmern: In den 27 größten kolumbianischen Städten wird es am Rosenmontag einen Karnevals-Umzug der besonderen Art geben. Eine Gruppe von sechs jungen Kolumbianern hat zu einem Protestmarsch gegen die Gewalttaten der Guerillaorganisation FARC aufgerufen.

 (DR)

Die nationale Bewegung begann mit der Idee des 33 Jahre alten Oscar Morales aus der Küstenstadt Barranquilla. Via Internetplattform "Facebook" verbreitete er seine Idee eines "Marsches gegen die FARC" und fand sehr schnell fünf weitere Mitstreiter im ganzen Land. Obwohl sich die Mitglieder des Sextetts zuvor noch nie leibhaftig gesehen hatten, schloss sich die Gruppe der 22 bis 35 Jahre alten Kolumbianer virtuell zusammen, um das gemeinsame Projekt voranzubringen.

Tag und Nacht arbeitete die Gruppe daran, die Idee via Internet bekannt zu machen. Mit überwältigendem Erfolg: Studenten, Politiker, Journalisten und sogar die amtierende und im Land sehr populäre Karnevalskönginin Angie De la Cruz Yepes werden am Montag durch die Lande ziehen. Selbst in Rom, Istanbul, Rio de Janeiro und München sind begleitende Aktionen von im Ausland lebenden Kolumbianern geplant.

"Die Menschen machen mit, weil sie die Gewalt der FARC einfach leid sind", sagt der 22 Jahre alte Pharmazie-Student Carlos Andres Santiago, einer der sechs Initiatoren. "Was als Schneeball begann, ist eine Lawine geworden."

Die "Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia", kurz genannt FARC, ist die älteste Guerillaorganisation in Lateinamerika. Die 1964 gegründete Rebellenvereinigung bezeichnet sich selbst als marxistisch. Anfangs mit großem Rückhalt in der Arbeiterschaft und der Landbevölkerung Kolumbiens ausgestattet, startete die FARC zunächst einen politischen Siegeszug. Doch mit den Jahren verstrickten sich die Rebellen immer mehr in den milliardenschweren Drogenhandel und die ebenso lukrative Entführungsindustrie. Prominenteste FARC-Geisel ist die seit über fünf Jahren verschleppte ehemalige Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt. Insgesamt gelten 4.200 Menschen in der Andenrepublik als entführt.

"Diese Idee wird Geschichte machen"
Die blutigen Auseinandersetzungen mit den ebenso gefürchteten rechtsgerichteten Paramilitärs sowie der kolumbianischen Armee kosten jährlich etwa 3.000 Menschen das Leben. Über zwei Millionen Binnenflüchtlinge hat der Bürgerkrieg produziert. Auf bis zu 10.000 bewaffnete Kämpfer wird die Stärke der FARC geschätzt. Und angesichts ihrer vielen Gewalttaten haben die Initiatoren des Friedensmarsches auch Angst um das eigene Leben: "Wir sind in den ersten Tagen mit Furcht aus dem Haus gegangen", vertraute Oscar Morales der Tageszeitung "El Tiempo" an.

Doch die Unterstützung der Bevölkerung half mit, die Angst zu besiegen. Als die Idee populärer wurde, stiftete ein Reisebüro die Tickets, damit sich das Sextett in Bogota erstmals persönlich kennen lernen konnte. Und es kam Unterstützung von im Ausland lebenden Landsleuten: In der Türkei, Australien, Holland und auch in München organisieren Kolumbianer zeitgleich Veranstaltungen, um aus der Internetidee ein globales Event zu machen. "Diese Idee wird Geschichte machen", glaubt der populäre kolumbianische Journalist Alvaro Garcia.

Die Menschenrechtler wollen vor allem den seit Jahrzehnten andauernden gewaltsamen Konflikt wieder ins Gedächtnis der Weltöffentlichkeit rufen. Wohl zurecht: Zuletzt hatte die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" den kolumbianischen Bürgerkrieg zu den zehn vergessenen Kriegen der Welt gezählt. Das Motto tragen die Veranstalter auf eigens angefertigten T-Shirts: "Colombia soy yo" - Kolumbien bin ich.

Von Tobias Käufer (KNA)