Innenminister vereinbaren europaweiten Informationsaustausch

EU in Guantánamo-Frage weiter zurückhaltend

Die Bitte von US-Präsident Barack Obama um Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen stößt in der Europäischen Union auf Zurückhaltung. Die EU-Innenminister vereinbarten am Montag in Luxemburg zunächst einen intensiven Informationsaustausch und ein koordiniertes Vorgehen in der Frage.

 (DR)

"Die Debatte ist verfrüht", sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach den Beratungen. Er ergänzte, dass nach wie vor kein konkreter Antrag der USA auf eine Aufnahme in Deutschland vorliege.

Obama hatte die EU in der vergangenen Woche gebeten, durch eine Aufnahme von Gefangenen einen Beitrag zur Schließung des umstrittenen Lagers zu leisten. Nach den Worten von EU-Innenkommissar Jacques Barrot rechnen die USA damit, bis Juni entsprechende bilaterale Abkommen mit aufnahmewilligen Staaten zu schließen. Zusagen zur Aufnahme einzelner Häftlinge gab es bisher unter anderem aus Frankreich, Spanien und Portugal. Deutschland werde einen etwaigen Antrag der USA sorgfältig prüfen, sagte Schäuble.

Die große Koalition in Berlin ist in der Guantánamo-Frage nach wie vor gespalten. Offener als Schäuble und Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) hat sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) positioniert. Dieser erklärte in Berlin, Deutschland müsse "Verantwortung übernehmen". Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sprach sich im Deutschlandfunk dafür aus, in Deutschland "vier bis fünf" unschuldige Guantánamo-Häftlinge aufzunehmen. Auch die Grünen mahnten ein Engagement an.

60 Insassen sollen 2010 freikommen
Der US-Präsident will das umstrittene Gefangenenlager auf Kuba bis Anfang 2010 schließen. Unter den Insassen befinden sich etwa 60 Menschen, gegen die laut US-Militärbehörden nichts vorliegt, die aber wegen Foltergefahr und ähnlicher Probleme nicht in ihre Heimatländer zurückkehren können. Unklar ist derzeit, ob von einigen dieser Menschen ein Terrorrisiko ausgeht. Die US-Regierung hat eingeräumt, dass sie bei einigen Guantánamo-Insassen eine Überwachung weiter für nötig hält.

Die EU-Staaten verlangen deshalb unter anderem eine umfassende Einsicht in die US-Akten, um ein Sicherheitsrisiko auszuschließen. Für Bedenken sorgt auch die Reisefreiheit innerhalb der Schengen-Zone: Auch Länder, die eine Aufnahme generell ablehnen, befürchten eine Sicherheitsgefahr für ihr Staatsgebiet. Die EU-Länder müssen deshalb zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, ob und inwieweit sie die Reisefreiheit der Betroffenen einschränken oder sie bestimmten Maßnahmen wie etwa einer Überwachung unterwerfen wollen.