Initiator Hünermann im domradio zur Notwendigkeit einer Reform

Kritik an Glaubenskongregation

Die Glaubenskongregation ist die älteste und in dogmatischen Fragen bis heute höchste Kurienbehörde des Vatikan. Geleitet und geprägt hat sie zwischen 1981 und 2005 der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger. Als Papst Benedikt XVI. muss der sich nun mit geballter Theologenkritik auseinandersetzen: 88 katholische Professoren wollen die Glaubenskongregation reformieren. Im domradio erläutert der Initiator Prof. em. Peter Hünermann die Gründe.

 (DR)

Unterzeichner größtenteils aus Deutschland und Österreich
Die Theologen unterstützen einen Vorstoß des emeritierten Tübinger Dogmatikers Peter Hünermann. Zugleich schlossen sich die Wissenschaftler Hünermanns Kritik an der vatikanischen Verurteilung von Thesen des südamerikanischen Befreiungstheologen Jon Sobrino an. Die Unterzeichner sind größtenteils aktive oder emeritierte Professoren aus Deutschland und Österreich.

Zu den Unterzeichnern des Papiers gehören unter anderen die Fundamentaltheologen Johann Baptist Metz aus Münster und Hans Waldenfels aus Bonn, die Ethiker Dietmar Mieth aus Tübingen, Eberhard Schockenhoff aus Freiburg, Andreas Lob-Hüdepohl aus Berlin, Friedhelm Hengsbach aus Frankfurt und Günter Virt aus Wien, der Münchner Dogmatiker Peter Neuner, der Tübinger Religionspädagoge Albert Biesinger und der Grazer Liturgiewissenschaftler Philipp Harnoncourt. Österreichische Professoren sind überproportional vertreten.

Hünermann äußerte sich zufrieden über die Resonanz. Die Zahl der Unterschriften sei "respektabel". Zugleich bedauerte er die Zurückhaltung vor allem jüngerer Theologen. "Da ist viel Angst mit im Spiel", sagte er. Der Dogmatiker hatte sich in der Monatszeitschrift "Herder Korrespondenz" für eine "intelligente Neugestaltung" der Glaubenskongregation ausgesprochen. Als Nachfolgeorganisation des Heiligen Offiziums habe sie immer noch die Struktur einer "frühneuzeitlichen Zensurbehörde" und sei damit ihrer Aufgabe "organisationstechnisch nicht gewachsen".

Hünermann: Manches ist schlicht falsch
Die Glaubenskongregation nehme heute die wichtigste Funktion in der Qualitätssicherung der Theologie wahr, so Hünermann. Dazu müsste sie anders strukturiert sein und mit "wissenschaftlichen Autoritäten" zusammenarbeiten. Im Fall Sobrino sei es notwendig, dass die Glaubenskongregation ihr Urteil überprüfe. Manches sei "schlicht falsch" oder beruhe auf "flüchtiger Lektüre". Vor der Initiative Hünermanns hatten bereits die katholisch-theologischen Fakultäten Wien, Graz und Münster gegen Sobrinos Verurteilung protestiert.

Eine Protestnote zum Umgang des Vatikan mit Sobrino erscheint auch in der nächsten Ausgabe der internationalen theologischen Fachzeitschrift "Concilium". Sobrino gehört dem 19 Mitglieder zählenden Direktorium der Concilium-Stiftung an. Seine Kollegen halten der Glaubenskongregation vor, Entwicklungen in der theologischen Forschung der vergangenen 50 Jahre zu ignorieren.

Glaubenskongregation verurteilte im März Sobrinos Schriften
Die Glaubenskongregation hatte nach einer mehrjährigen Untersuchung von Sobrinos Schriften inhaltliche und methodische Mängel festgestellt und am 14. März eine "Notificatio" veröffentlicht. Die Lehrverurteilung war die erste öffentlich bekannt gewordene unter Papst Benedikt XVI. Kardinal Joseph Ratzinger hatte bis zu seiner Papstwahl die Glaubenskongregation geleitet.

Eine Zurückweisung der von Sobrino vertretenen Option für die Armen ist mit der Note nicht verbunden. Auch wurden keine Sanktionen gegen den Jesuiten verhängt, der zu den engsten Mitarbeitern des 1980 ermordeten Erzbischofs Oscar Arnulfo Romero von San Salvador gehörte. Sobrino entkam 1989 nur zufällig einem Mordanschlag, dem sechs seiner Mitbrüder zum Opfer fielen. Der 68-Jährige stammt aus dem Baskenland und studierte in Deutschland.

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