Im domradio: Sozialethiker kritisiert Umgang innerhalb der CSU - Politikwissenschaftlerin über die "Katalysator-Rolle" der Medien

"Stoiber wurde schäbig abserviert"

Am Tag nach der Rücktrittsankündigung Edmund Stoibers fallen die Reaktionen unterschiedlich aus. Vom Umgang innerhalb der CSU enttäuscht zeigte sich im domradio-Interview der christliche Sozialethiker Prof. Wolfgang Ockenfels. "Es ist unverständlich, dass ein so verdienstvoller und glaubensstarker Christ in einer christlichen Partei auf diese schäbige Weise abserviert worden ist." - Welche Rolle haben die Medien gespielt? Hören Sie hierzu Dr. Manuela Glaab vom Centrum für angewandte Politikforschung (CAP).

 (DR)

"Man kann immer wieder beobachten, dass Machtwechsel eine ganz eigene Dynamik entwickeln." Die Medien hätten den Takt und die Dramaturgie der Ereignisse vorgegeben, so Glaab im domradio-Interview. "Die CSU hatte in den vergangenen Wochen das Timing der Ereignisse aus den Händen gegeben."

"Vertrauensvolle Zusammenarbeit"
Die beiden großen Kirchen haben die Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten mit Respekt aufgenommen.

Kardinal Friedrich Wetter, Erzbischof von Freising und München, sagte, dass unter der Amtsführung Stoibers die gute Kooperation zwischen Kirche und Staat in vielen kulturellen und caritativen Bereichen von der "Achtung gegenseitiger Unabhängigkeit und Verantwortlichkeit" geprägt gewesen sei.

Zwischen der evangelischen Landeskirche und dem Ministerpräsidenten habe es eine "vertrauensvolle Zusammenarbeit" gegeben, betonte der evangelische Landesbischof Johannes Friedrich am Donnerstag in München. Besonders hervorzuheben sei das Engagement Stoibers zum Schutz der religiösen Symbole und den Erhalt der christlichen Werte.

"Politik hat eben etwas mit Macht zu tun"
"Man hätte gnädiger verfahren müssen mit so einem verdienstvollen Mann, der 13 Jahre lang die Geschicke Bayerns mit unerhörtem Erfolg gelenkt hat", kritisierte der Sozialethiker Wolfgang Ockenfels im domradio. Die wahren Gründe lägen viel tiefer als in der Affäre um die CSU-Landrätin Gabriele Pauli. "Wer so lange regiert hat wie Stoiber, der muss damit rechnen, dass er viele Menschen frustriert hat. Und die sind jetzt über ihn hergefallen. Politik hat eben etwas mit Macht zu tun."

In der CSU werde wie in der jeder anderen Partei nicht mit Samthandschuhen operiert. Auch in einer so genannten christlichen Partei seien bestimmte "Interessen und Machtansprüche dafür geeignet, aufeinander zu prallen", so Ockenfels.